Politik-Thread

eröffnet von FBG am 13.02.2006 14:16 Uhr
6.462 Kommentare - zuletzt von IvanTKlasnic

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Mambo
06.07.2023 16:05·  Bearbeitet

Vorab nochmal: Ich verstehe den Unmut und die Plötzlichkeit ist wirklich hart – wenn es denn so kommt wie es gerade diskutiert wird. Ich persönlich glaube das nicht und denke da wird es eine Karenzzeit geben – aber mal sehen.

Dennoch finde ich manche Argumente etwas schief:


JackD schrieb:
Nochmal der Kernpunkt, warum mich das triggert: Es ist keine Reichensteuer auf irgendwelche Vermögenswerte, eine soziale Umverteilung oder eine Kürzung von Privilegien. Das geht an das Familienbild. Das wird einfach die Entscheidung vieler Eltern beeinflussen, wie lange sie Elternzeit nehmen (können). Und jeder Monat mehr ist enorm wichtig für die Familie.

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Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Wir reden hier wirklich von Paaren mit enormem finanziellem Wohlstand - ich glaube kaum, dass hieran wenn man es wirklich will das "ob" und die Dauer von Elternzeit hängen werden. Eventuell bei deutlich unterschiedlichen Gehältern das "wer", das kann sein. Aber wer mehr als 150k zu versteuerndes Einkommen hatte, bei dem wird es der absolute Ausnahmefall sein, wenn es da keinerlei Vermögenswerte gibt, die man für eine (wie ich auch finde) enorm wichtige Zeit für die Familie nutzen könnte.


Yertle-the-Turtle schrieb:
Du schießt hier nicht gegen irgendwelche Porsche-Manager, sondern knallhart gegen die gebildete Mittelschicht, die Zeit und Geld ins Studium investiert haben um da zu stehen wo sie jetzt sind.
(...)
Da kommste am Ende bei +-0 raus und darfst Dich auch noch einschränken.
Und wie gesagt. Du hast keine Garantie nach 10-12 Monaten wieder arbeiten zu können, da die KiTa Situation prekär ist. Wenn es blöd läuft lebt man dann 1.5-2 Jahre von einem Gehalt.

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Ich will mit dem folgenden nicht dich persönlich angehen, finde aber in dem fett markierten Satz klingt mE eines des größten generellen aktuellen Probleme in Deutschland an:

Die Mehrheit in D scheint mir immer noch davon auszugehen, dass ihnen ein einmal erreichter materieller Lebensstandard für immer zustehen und nie wieder sinken darf. Ich verstehe zwar auch, dass es psychologisch immer schwer ist, einen Schritt zurück zu machen - aber die Selbstverständlichkeit mit der eine Einschränkung des bisherigen Lebensstils in Deutschland gerne als indiskutabel festgeschrieben wird, finde ich wirklich krass (und das meine ich wieder generell und nicht auf dich persönlich bezogen).

Das sieht man auch in der Klimadiskussion immer wieder - die Leute denken nicht "Fuck, wir MÜSSEN den Planeten lebenswert halten (und natürlich unser Leben nach diesem Ziel ausrichten)" sondern "Erstmal ist mein Leben ist gesetzt wie es ist - und wenn wir dann noch den Nachfolgenden was hinterlassen können sollten - schön, aber wenn nicht halt nicht".

Aber da wollt ich gar nicht hin - auch hier sind mir einige Beiträge irgendwie sehr auf die eigene Position bezogen und klingen manchmal nach einem ungeschriebenen "Im Zweifel lieber keine Kindergrundsicherung". Ich finde stattdessen könnte man - wenn man es schon in solch eine krasse Gehaltsklasse geschafft hat - auch überlegen, ob es ein weiteres Kind es nicht wert ist, den eigenen Lebensstil so anzupassen, dass auch eine selbstfinanzierte Elternzeit zumindest mal nicht ausgeschlossen ist. Nur mal überlegen, nur mal nicht von vornherein ausschließen.

Vielleicht gibt es Fälle, in denen es wirklich am Ende nicht geht. Aber irgendwie kann ich da schwer folgen, wenn das in der Gehaltsklasse von vornherein gar keine Option ist.
Ich habe z.B. nach der Uni in wenigen Berufsjahren - von einem Gehalt, dass auch mit dem meiner Partnerin zusammen wirklich meilenweit von einem gemeinsamen Unterfallen unter die in Rede stehende Grenze entfernt war - genug zurückgelegt, um mir vor einem Jobwechsel (ohne ALG oder andere Sozialleistungen) fast ein Jahr unbebundene Zeit zu ermöglichen und dabei meinen Lebensstandard halten zu können. Da musste ich an mancher Stelle schauen, dass das funktioniert und auf das ein oder andere verzichten, ja. Aber ehrlich gesagt fand ich es so heftig jetzt nicht und es fällt mir irgendwie einfach schwer mir vorzustellen, dass das für ein Paar, das easy das Doppelte von uns damals zur Verfügung hat, nicht zumindest eine Option bilden können soll.

Ich weiß, man ist froh, das nicht (mehr) zu haben und man hat einiges dafür getan - aber das Leben an finanzielle Zwängen ausrichten zu müssen, das ist für einen riesigen Teil der deutschen Bevölkerung einfach absoluter Normalzustand. Gerade die, für die die Kindergrundsicherung gedacht ist, würden sich wundern wenn nicht. Da geht es halt wirklich jeden Sommer drum, ob das Kind mit den anderen ins Schwimmbad (oder auf Klassenfahrt) kann oder als einziges daheim bleibt.

Dieses Gesamtbild gerät mir irgendwie manchmal aus dem Blick wenn ich den Schockierungsgrad von Menschen mit über 150k zu versteuerndem Einkommen in der aktuellen Debatte (nicht nur hier) lese und höre.

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Yertle-the-Turtle
06.07.2023 16:31·  Bearbeitet

@ Mambo: Ich stimme deinem Beitrag in großen Teilen zu, aber das Thema "Erhaltung des (materiellen) Lebensstandards" sehe ich anders.

Der Lebensstandard "sinkt" je nachdem wie man ihn definiert erst einmal schon dadurch ein Kind zu haben. Das ist aber natürlich eine bewusste, proaktive Entscheidung.
Dazu sinkt der Lebensstandard auch durch die äußeren Effekte wie die Preissteigerung durch Corona / Krieg / Inflation oder Reallohnverlust. Wir besuchen schon viel weniger Restaurants und auch die Urlaube finden nur noch in abgespeckter Form im europäischen Nachbarumfeld statt. Mit Kind hatten wir noch gar keine Flugreise oder gar einen Besuch außerhalb von Europa.

Mir ist bewusst, dass es bei all den Entwicklungen kein Selbstläufer ist seinen Standard halten zu können oder gar zu verbessern. Das trifft aber bereits entkoppelt von der Elterngeldthematik zu. Der Wegfall des Elterngeldes verschärft diese Situation nur weiter.

Und noch eine Anmerkung zu dem Vergleich eine Mutter mit 3 Kindern konnte das auch mit 1.800 Euro wuppen.
Wann war das, vor 20-30 Jahren?
Wieviel Miete ist angefallen?

Vor 15-20 Jahren hätte man in München auch für 500€ eine familientaugliche Wohnung mieten können. Wir leben aber in 2023.

Bis 3.800 HHNE würdest du in München übrigens ins "Münchner Modell" fallen, was Dir Zugang zu speziellen Wohnungen mit günstiger Miete verschafft (100qm ca. 1100 Euro). Das heißt die Münchner Modell Familien haben durch reduzierte Miete (sind btw oft Neubauanlagen, wir wohnen in ner alten Wohnung) und Elterngeld dann defacto im ersten Geburtsjahr mehr Geld zur Verfügung als die Familie ohne Elterngeld.

Und vielleicht sollte man auch noch berücksichtigen, dass wir bisher die Rechnung mit einem Kind aufmachen. Plant jemand zukünftig noch 2-3 Kinder zu haben reden wir schon von 50-70k netto.

BraveNewWorld
06.07.2023 17:53

An die Diskussion anschließend: Meiner Meinung nach müsste die Politik alles dafür tun, dass Akademiker mehr Kinder bekommen. Das hätte wahrscheinlich zahlreiche positive gesellschaftliche Auswirkungen. U.a. wäre es auch gut um die zunehmende soziale Ungleichheit abzubremsen, die auch darin begründet ist, dass ärmere und weniger gebildete Menschen deutlich mehr Kinder bekommen. Entsprechend verteilt sich der existierende Wohlstand auf immer weniger Erben, die dann auch noch weniger Anreiz haben sich anzustrengen.

Cody
06.07.2023 18:12


hermes81 schrieb:
Die Ampel zerlegt sich momentan im Wochentakt selbst.
Und selbst ich als Grünen "Fanboy", selbst ich kann kaum mehr Argumente finden die
für diese Konstellation sprechen.

www.faz.net

Wenn es doch nur vernünftige Alternativen gäbe.
Politisch war ich selten so ernüchtert wie momentan.
Ich hab zwar wirklich keine Wunder erwartet, aber das unterbietet echt alles.

Zitat anzeigen


Mich würden 25 Prozent für die AfD nicht mehr wundern. Und es sind ja immer die anderen Schuld.

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IvanTKlasnic
06.07.2023 19:24

Nur mal so als Kontext, ich kritisiere das auch, und mein Nettoeinkommen liegt unter 20k (aus freier Entscheidung), und ich plane nicht jemals Kinder zu haben (finde ich Aufgrund der Tatsache, wie wir als Menschheit mit dem Planeten umgehen für moralisch nicht vertretbar). Ich bin im generellen bei Mambo, aber dennoch, ich glaube zwar, dass es nicht so spontan kommen wird, aber halt nur solange das weiter so heißt diskutiert wird. Wenn man nicht drüber reden würde, dann glaube ich schon, dass es so durchgehen würde.

Und die Bemessungsgrenzen beim Bafög sind übrigens schon seit Ewigkeiten eine Katastrophe. Im generellen finde ich es sehr Problematisch sowas an Einkommen festzumachen. Das Kapital der Oberschicht sind nicht nur Vermögenswerte, sondern vor allem die Soft Skills und die Connections die man hat. Und die Systeme, die wir haben, zielen in vielen Fällen genau darauf ab. Und da müssen wir als Gesellschaft ran, wenn wir unseren gesamtgesellschaftlichen Wohlstand halbwegs erhalten wollen. Wir lassen Reihenweise hochtalentierte Leute rechts und links liegen, einfach aufgrund der Tatsache, wer ihre Eltern sind. Oftmals natürlich nicht direkt sondern indirekt.

Dennoch, um zurück zum Thema zu schwingen, ich will und werde das Narrativ nicht akzeptieren, dass es eine Auswahl zwischen Kindergrundsicherung und Elterngeld ist. Es müsste so lange von allen Seiten auf die Blockade der FDP hingewiesen werden, bis diese weit unter 5% rutscht, solange Lindner hier weiter blockiert. Das ist doch genauso wenig in Stein geschrieben, wie wann die Umsetzung beginnt. Stattdessen sehe ich viele einfach akzeptieren "oh der Lindner blockiert, dann kann man da wohl nichts machen". Klar kann man, muss nur der politische Druck dafür da sein. Aber dafür ist es kritisch nicht zu akzeptieren, dass es sich um eine Auswahl zwischen dem Einen oder Anderen handelt.

IvanTKlasnic
06.07.2023 19:27


Cody schrieb:


hermes81 schrieb:
Die Ampel zerlegt sich momentan im Wochentakt selbst.
Und selbst ich als Grünen "Fanboy", selbst ich kann kaum mehr Argumente finden die
für diese Konstellation sprechen.

www.faz.net

Wenn es doch nur vernünftige Alternativen gäbe.
Politisch war ich selten so ernüchtert wie momentan.
Ich hab zwar wirklich keine Wunder erwartet, aber das unterbietet echt alles.

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Mich würden 25 Prozent für die AfD nicht mehr wundern. Und es sind ja immer die anderen Schuld.

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übrigens ein super Video von Alex zu dem Thema:



Als jemand der mehrere Jahre im Osten gelebt hat und dort auch politische Arbeit geleistet hat, kann ich ihm eigentlich bei allem nur zustimmen.

Yertle-the-Turtle
06.07.2023 20:42·  Bearbeitet


Cody schrieb:


hermes81 schrieb:
Die Ampel zerlegt sich momentan im Wochentakt selbst.
Und selbst ich als Grünen "Fanboy", selbst ich kann kaum mehr Argumente finden die
für diese Konstellation sprechen.

www.faz.net

Wenn es doch nur vernünftige Alternativen gäbe.
Politisch war ich selten so ernüchtert wie momentan.
Ich hab zwar wirklich keine Wunder erwartet, aber das unterbietet echt alles.

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Mich würden 25 Prozent für die AfD nicht mehr wundern. Und es sind ja immer die anderen Schuld.

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Das ist kein pro AFD Statement, aber was willst du denn wählen wenn Dir die aktuelle Regierung nicht zusagt? Die PARTEI ist natürlich eine Option. Aber es wird dann schon dünn.

Wie willst du bei der nächsten Wahl die jetzige Regierung abstrafen? Da hilft es doch auch nicht z.b. Grüne oder FDP zu wählen wenn am Ende eh wieder alle zusammen ins Bett steigen. Wenn ich z.b. der SPD keinen Regierungsauftrag geben will bleiben noch 1-2 Parteien übrig.

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The_Game
06.07.2023 21:44

Wird für mich wahrscheinlich ne relativ einfach Entscheidung, was ich wähle, auch wenn bis dahin natürlich noch viel passieren kann.

Werde wahrscheinlich wieder die Grünen wählen. Klar bin ich auch unzufrieden mit dem, was aktuell läuft und dabei machen die natürlich auch genug Fehler. Ändert für mich aber wenig an der nächsten Wahlentscheidung. Und das aus zwei Gründen:

1. Muss man halt bei unserem Politiksystem auch mit einer gewissen oder auch größeren inhaltlichen Enttäuschung rechnen. Wenn die von dir gewählte Partei halt mit zwei anderen regiert, die teilweise hart dagegen lenken, wirst du halt inhaltlich unzufrieden sein. Das ändert aber nichts daran, dass das halt inhaltlich die Position ist, die ich unterstütze.
Die Alternative ist halt, dass am Ende der Wahl immer eine Partei alleine regiert, wie in den USA (jetzt mal von so Dingen wie dem Senat und allen anderen Problemen abgesehen). Dann weiß man halt vorher besser was man bekommt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass dir von beidem garnix gefällt ist noch größer.

2. Bieten sich mir auch wenig Alternativen.
AFD - Man wählt keine Nazis
CDU - Inhaltlich nix für mich und mit dem populistischen Spitzenpersonal...
FDP - Inhaltlich auch nichts für mich, das ist nicht mein Verständnis von liberal
SPD - Umweltpolitisch für mich zu wenig.
Linke - Kann ich überhaupt nicht einordnen, was da passiert...
Und sowas wie die Partei zu wählen ist bei der Stärke der AFD für mich auch im Moment keine Option, da möchte ich schon jemanden wählen, der auch reinkommt.

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MinistryOfDeath
MinistryOfDeath
06.07.2023 23:15

Ich glaube nicht, dass man den Zulauf zur AfD stoppt, indem man auf den etablierten Parteien rumhackt und Politikverdrossenheit schürt, ganz im Gegenteil. Sicherlich, wir leben in einer global vernetzten, sich immer schneller drehenden Welt. Da ist es ganz natürlich, dass sich Menschen verunsichert und abgehangen fühlen. Und natürlich könnten (und müssten) die etablierten Parteien, diesen Menschen besser zuhören und eine Perspektive bieten. Ich will da keinen von der Kritik ausnehmen.

Es muss einem aber auch bewusst sein, dass in diesem Land allem zum Trotz immer noch sehr sehr viel richtig läuft. Wir haben eine diverse Parteienlandschaft, die zwar viel streitet (was auch irgendwie zu einer funktionierenden Demokratie dazugehört), aber trotzdem eine der stabilsten Regierungen dieser Welt bildet. Wir haben eine unabhängige Justiz, die im Sinne der vom Volk legitimierten Gesetze urteilt. Wir haben Sozialsysteme, die zwar bei Weitem nicht perfekt sind, vielen Menschen aber überhaupt erst ein lebenswertes Leben ermöglichen.

Das sollte man sich von Zeit zu Zeit vergegenwärtigen und nicht immer den sogenannten "Leitmedien" oder (noch schlimmer) Social Media nachgeben. Diese Systeme leben nämlich von Aufregung und Unzufriedenheit. Vielleicht sollten wir einfach öfter nochmal über das Geschriebene nachdenken, wenn die erste Empörung verflogen ist. Dann liest sich vieles um einiges verständlicher.

In einem 5-Parteien System (exkl. AfD) sollte man genügend Auswahl haben eine vertretbare Wahl zu treffen. Man muss sich ja nicht gleich ein Parteibuch zulegen. Ich glaube, es ist ein wenig naiv zu glauben, andere Kleinstparteien würden unsere Problem auf Anhieb besser lösen. Das stärkt in der momentanen Situation im Endeffekt nur den Demokratiefeinden den Rücken. Deshalb, sich auch mal die positiven Seiten vor Augen führen und bei der nächsten Wahl mit gutem Gewissen sein Kreuzchen machen. Denn um es mit den Worten von Hagen Rether zu sagen, "Das einzige was die AfD uns bieten kann, ist der Hass unserer Großväter. Und Hass haben wir schon genug".

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fcfreak91
fcfreak91
07.07.2023 00:33·  BearbeitetSupporter

Naja jede Partei die unter der 5% Hürde gewählt wird spielt irgendwo auch wieder der AfD in die Karten...

Aber nochmal zum eigentlichen Thema, hier werden ja steile Thesen in den Raum geworfen. Der ein oder andere sollte vielleicht mal von seinem hohen Ross runter kommen.

Wenn man denkt nach dem Inflationsausgleich sind 150k Haushaltseinkommen eher die Regel lebt man aber sowas von in einer Parallelwelt.

Die Regel in Deutschland sind vielleicht grade über die Hälfte davon...

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hermes81
07.07.2023 07:55·  Bearbeitet


fcfreak91 schrieb:
Naja jede Partei die unter der 5% Hürde gewählt wird spielt irgendwo auch wieder der AfD in die Karten...

Aber nochmal zum eigentlichen Thema, hier werden ja steile Thesen in den Raum geworfen. Der ein oder andere sollte vielleicht mal von seinem hohen Ross runter kommen.

Wenn man denkt nach dem Inflationsausgleich sind 150k Haushaltseinkommen eher die Regel lebt man aber sowas von in einer Parallelwelt.

Die Regel in Deutschland sind vielleicht grade über die Hälfte davon...

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Das durchschnittliche monatliche Haushaltsbruttoeinkommen der Privathaushalte in Deutschland belief sich nach Ergebnissen der Laufenden Wirtschaftsrechnungen im Jahr 2021 auf 4 979 Euro (59.748 Euro)

www.destatis.de

PlugInBaby
07.07.2023 08:03


hermes81 schrieb:


fcfreak91 schrieb:
Naja jede Partei die unter der 5% Hürde gewählt wird spielt irgendwo auch wieder der AfD in die Karten...

Aber nochmal zum eigentlichen Thema, hier werden ja steile Thesen in den Raum geworfen. Der ein oder andere sollte vielleicht mal von seinem hohen Ross runter kommen.

Wenn man denkt nach dem Inflationsausgleich sind 150k Haushaltseinkommen eher die Regel lebt man aber sowas von in einer Parallelwelt.

Die Regel in Deutschland sind vielleicht grade über die Hälfte davon...

Zitat anzeigen


Das durchschnittliche monatliche Haushaltsbruttoeinkommen der Privathaushalte in Deutschland belief sich nach Ergebnissen der Laufenden Wirtschaftsrechnungen im Jahr 2021 auf 4 979 Euro (59.748 Euro)

www.destatis.de


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Und das ist ja noch durch wirklich Reiche aufgehübscht. Der Median liegt noch tiefer. Smiley

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Yertle-the-Turtle
07.07.2023 08:52·  Bearbeitet

Naja, die Frage ist schon wie man mit den Daten arbeitet und was da drin ist.

Um mal ein paar Punkte klarzustellen:

Haushaltsbruttoeinkommen
- Ich kenne nicht die genaue Definition der Haushalte, aber da werden wohl alle Haushalte mit reinzählen. Also Bürgergeld, Studenten, junge Erwachsene und vor allem Rentner

150K = Reich = Abgehoben
- Ich habe nirgends behauptet, dass 150K wenig Geld ist
- Die plötzliche Halbierung macht es zu einem Problem, wenn dein Leben auf Summe X (z.B. 150K) ausgelegt ist bei Miete, Kinderbetreuung, Auto, Investitionen etc.
- Du bist in München mit Miete, Auto, KiTa und sonstigen Fixkosten ganz schnell bei 3.000€ Ausgaben pro Monat. Wo ist da der Spielraum Geld einzusparen? Soll man das Kind aus der KiTa rausnehmen, sein Auto verkaufen oder in eine kleinere Wohnung ziehen?
- Nennt mir bitte ein Szenario in Deutschland, bei dem man unangekündigt für 14 Monate 50% seines HHNE Einkommens verliert. Das passiert nicht bei einer Kündigung, nicht bei langer Krankheit und auch nicht bei einer Trennung. Mir fällt spontan nur ein freiwilliges Sabbatical ein
- Berücksichtigt bitte die lokalen Unterschiede. In Emden oder in der Eifel bist du mit 150K vermutlich ganz oben dabei, in Ballungsräumen wie München halt nicht. Hier zahlst du für 100qm 2.000-3.000 Euro kalt. In Wuppertal biste ab 700 Euro dabei.
- Natürlich arbeiten hier auch Friseure, Kassierer und andere Arbeitskräfte im Niedriglohnbereich. Hier sitzt aber genauso Apple, Microsoft, Salesforce, BMW, MAN, Bosch, Siemens, Amazon und viele andere Big Player. In keiner dieser Firmen wirst du unter 75K rausgehen als Akademiker und paar Jahren Berufserfahrung
- Wie weiter oben geschrieben fällst du mit weniger als 90K Bruttoeinkommen ins Münchner Modell. U.a. berechtigt das einen Wohnungen zum halben Mietpreis zu bekommen
- Rechnet doch einfach mal für Euch aus - unabhängig vom absoluten HHNE - was es bedeuten würde wenn von heute auf morgen 50% wegbrechen.

Ich kann schon verstehen, dass sich die Diskussion schwer nachvollziehen lässt, wenn man selbst nicht in der Situation steckt und (weit) unter 150K als Haushalt zur Verfügung hat. Aber so einfach ist das halt dann auch nicht...

BTW:
Ich wäre dafür bei bestimmten Leistungen einen standortbezogenen Index einzuführen. Wieso gelten in München dieselben Grenzwerte (z..B. Zuschüsse, Elterngeld oder Kindergeld) wenn hier alles teurer ist.

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JestersTear
JestersTear
07.07.2023 14:45Supporter


Yertle-the-Turtle schrieb:
Naja, die Frage ist schon wie man mit den Daten arbeitet und was da drin ist.

Um mal ein paar Punkte klarzustellen:

Haushaltsbruttoeinkommen
- Ich kenne nicht die genaue Definition der Haushalte, aber da werden wohl alle Haushalte mit reinzählen. Also Bürgergeld, Studenten, junge Erwachsene und vor allem Rentner

150K = Reich = Abgehoben
- Ich habe nirgends behauptet, dass 150K wenig Geld ist
- Die plötzliche Halbierung macht es zu einem Problem, wenn dein Leben auf Summe X (z.B. 150K) ausgelegt ist bei Miete, Kinderbetreuung, Auto, Investitionen etc.
- Du bist in München mit Miete, Auto, KiTa und sonstigen Fixkosten ganz schnell bei 3.000€ Ausgaben pro Monat. Wo ist da der Spielraum Geld einzusparen? Soll man das Kind aus der KiTa rausnehmen, sein Auto verkaufen oder in eine kleinere Wohnung ziehen?
- Nennt mir bitte ein Szenario in Deutschland, bei dem man unangekündigt für 14 Monate 50% seines HHNE Einkommens verliert. Das passiert nicht bei einer Kündigung, nicht bei langer Krankheit und auch nicht bei einer Trennung. Mir fällt spontan nur ein freiwilliges Sabbatical ein
- Berücksichtigt bitte die lokalen Unterschiede. In Emden oder in der Eifel bist du mit 150K vermutlich ganz oben dabei, in Ballungsräumen wie München halt nicht. Hier zahlst du für 100qm 2.000-3.000 Euro kalt. In Wuppertal biste ab 700 Euro dabei.
- Natürlich arbeiten hier auch Friseure, Kassierer und andere Arbeitskräfte im Niedriglohnbereich. Hier sitzt aber genauso Apple, Microsoft, Salesforce, BMW, MAN, Bosch, Siemens, Amazon und viele andere Big Player. In keiner dieser Firmen wirst du unter 75K rausgehen als Akademiker und paar Jahren Berufserfahrung
- Wie weiter oben geschrieben fällst du mit weniger als 90K Bruttoeinkommen ins Münchner Modell. U.a. berechtigt das einen Wohnungen zum halben Mietpreis zu bekommen
- Rechnet doch einfach mal für Euch aus - unabhängig vom absoluten HHNE - was es bedeuten würde wenn von heute auf morgen 50% wegbrechen.

Ich kann schon verstehen, dass sich die Diskussion schwer nachvollziehen lässt, wenn man selbst nicht in der Situation steckt und (weit) unter 150K als Haushalt zur Verfügung hat. Aber so einfach ist das halt dann auch nicht...

BTW:
Ich wäre dafür bei bestimmten Leistungen einen standortbezogenen Index einzuführen. Wieso gelten in München dieselben Grenzwerte (z..B. Zuschüsse, Elterngeld oder Kindergeld) wenn hier alles teurer ist.

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Finde Wohnraum da reinzuzählen schwierig. Auch wenn du viel verdienst, zwingt dich niemand dazu in der Münchener Innenstadt zu wohnen. Ich könnte auch in der Stadt wohnen, wäre näher an meinem Arbeitsplatz und würde dann das 2-3 fache für Miete zahlen.

Finde hier ist das eigentliche Problem nicht, dass man sich plötzlich keine zwei Autos, große Wohnung in der Innenstadt etc mehr leisten kann, weil man plötzlich nur noch in der gehobeneren Mittelschicht ist, sondern, dass man sich wenn man nicht in der "Oberschicht" ist keine Wohnung in der Münchener Innenstadt leisten kann.

MinistryOfDeath
MinistryOfDeath
09.07.2023 10:21

Wo es hier gerade ums Thema Geld geht... Bin heute auf dieses Interview gestoßen. Was haltet ihr von der 4-Tages-Woche (bei vollem Lohnausgleich versteht sich)?

Roggan29
Roggan29
09.07.2023 11:52

Ich bin großer Fan davon, zumindest sowas mal auszuprobieren. Die bisherige Studienlage sagt zumindest das man in den 4 Tagen genauso produktiv ist, wie in den 5 Tagen, da die Mitarbeiter besser ausgeruht und dadurch konzentrierter und motivierter arbeiten. Also eine fast Win-Win Situation.

Allerdings einfach umstellen und fertig wird wohl nicht gehen. Dazu gehört vor allem auch eine effiziente Arbeits- und Meetingkultur bzw. das Ausmerzen von unnötigen Zeitfressern.

fcfreak91
fcfreak91
09.07.2023 12:01Supporter


Roggan29 schrieb:
Ich bin großer Fan davon, zumindest sowas mal auszuprobieren. Die bisherige Studienlage sagt zumindest das man in den 4 Tagen genauso produktiv ist, wie in den 5 Tagen, da die Mitarbeiter besser ausgeruht und dadurch konzentrierter und motivierter arbeiten. Also eine fast Win-Win Situation.
Allerdings einfach umstellen und fertig wird wohl nicht gehen. Dazu gehört vor allem auch eine effiziente Arbeits- und Meetingkultur bzw. das Ausmerzen von unnötigen Zeitfressern.

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Im Büro kann ich mir das sehr gut vorstellen. Aber an nem Band im Akkord ist das niemals bei gleicher Produktivität möglich.

Mambo
09.07.2023 12:19·  Bearbeitet

Ist glaube ich sehr berufsabhängig (wodurch die Idee auch nicht zu unterschätzenden Sprengstoff birgt).

Aus meiner persönlichen Erfahrung im Bürokontext muss ich aber auch sagen, dass dadurch erstaunlicherweise sogar ein echtes Plus an Produktivität pro Woche möglich ist.

Yertle-the-Turtle
09.07.2023 13:21·  Bearbeitet

4-Tage Woche ist ein zweischneidiges Schwert.
Ich glaube auch, dass es bei Bürojobs oder in der IT noch eher klappen könnte. Meistens fehlen einem ja doch bei den letzten 20% die Konzentration oder der Antrieb.
Oder anders gesagt. Ich glaube nicht, dass mein Arbeitsoutput bei 80% genau die 20% weniger zu 100% wäre.

Aber wie gesagt wurde ist das in anderen Branchen nicht so einfach bzw. nur mit einem massiven Fachkräftezuwachs machbar. Wie soll eine KiTa-Mitarbeiterin auf 80% gehen oder ein Arzt. Das geht sicherlich vereinzelt (und Kollegen baden das aus), aber wenn das jeder macht bekommen wir ein Problem (auch in der Produktion).

Kann aber gut sein, dass es vermehrt kommt um einen Anreiz bieten zu können Mitarbeiter zu finden. Im TV kam mal ein Bericht über ein Malerunternehmen, welches das praktiziert und die waren sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite recht zufrieden.

Dieses Selbstverständnis von jungen Berufsanfängern mit Teilzeit zu beginnen bereitet mir aber schon etwas Sorgen für die Zukunft unseres Landes. In der "alten Welt" arbeitet man ja nicht just 4 fun Teilzeit, sondern z.B. um seine Kinder betreuen und erziehen zu können.

Ich frage mich was die Motivation dahinter ist. Mangelnde Belastungsfähigkeit oder Resignation sich in Deutschland mit Arbeit etwas aufbauen zu können.

IvanTKlasnic
09.07.2023 15:54

also zunächst einmal zum Thema: Halte ich je nach Branche für vielversprechend, muss aber mMn vom Arbeitgeber ganz klar kommuniziert sein, dass dies eine "Bonusleistung" für effektives Arbeiten ist. Wer auch bei 4 Tagen weiterhin die Leistung bringt darf nach dem Test des systems halt weiterhin 4 Tage arbeiten, und wer nicht muss halt wieder 5 Tage hin. Ähnlich wird das ja bei vielen mit dem Homeoffice gehandhabt. Dass das z.B. bei mir im Einzelhandel keine Option ist, ist klar, brauchen wir nicht drüber zu diskutieren.


Yertle-the-Turtle schrieb:

Dieses Selbstverständnis von jungen Berufsanfängern mit Teilzeit zu beginnen bereitet mir aber schon etwas Sorgen für die Zukunft unseres Landes. In der "alten Welt" arbeitet man ja nicht just 4 fun Teilzeit, sondern z.B. um seine Kinder betreuen und erziehen zu können.

Ich frage mich was die Motivation dahinter ist. Mangelnde Belastungsfähigkeit oder Resignation sich in Deutschland mit Arbeit etwas aufbauen zu können.

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Ich arbeite seit dieser Woche auch in Teilzeit (30 Stunden). Dafür gibt es einige Gründe:

geringer Lohn: Ich verdiene knapp nen Euro mehr als Stundenlohn, mag jetzt erstmal kontraintuitiv sein, dass ich da weniger arbeite, aber ich komme mit der Knete auch so ganz gut klar und bei diesem geringen Lohn habe ich lieber einen Tag mehr Freizeit. Wäre der Lohn hingegen im Branchenschnitt überdurschnittlich gut, wäre ich definitiv interessierter an Vollzeit.

mangelnde Flexibilität beim Arbeitgeber: meine mögliche Arbeitszeit ist von 7-22 Uhr Montag bis Samstag und es wird auch eine gewisse Flexibität bei Ausfällen vorausgesetzt. Finde ich an sich auch nicht schlimm, allerdings muss man dann als Arbeitgeber dann auch eine gewisse Flexibilität haben. Und ich rede hier jetzt nicht von 2-3 Wünschen die Woche. sondern von 1-2 im Monat, die tendenziell sogar Wünsche zu unbeliebten Schichten/Freizeit an ruhigen Tagen sind. Das funktioniert logischerweise auch Problemfrei. Wenn ich dann aber einmal im halben Jahr nen Freitag und Samstag frei haben will (zur Erinnerung, ich arbeite sowieso 4 Tage die Woche), dann muss man da 20 Minuten rumdiskutieren, Und es ist nicht so, dass ich Samstag oft freihabe (stört mich nicht, dort zu arbeiten, solange ich nichts vor habe), mein letzter freier Samstag war vor 4 Monaten (ausnahme Urlaub, der Wochenweise sein muss). Ist auch nicht so als wäre in der Woche andere bereits abwesend und es hat auch niemand in der Abteilung Urlaub, noch ist ein Event o.ä. was stärkeren Andrang vermuten lässt Smiley
Die Möglichkeit sowas machen ist einer der Hauptgründe nicht Vollzeit zu arbeiten für mich, denn wenn ich schon bei 4 Tagen dort mega Stress habe, wie wäre es denn erst bei 5? Hätte auch null Problem, die Zeit vorher, ob durch einspringen oder andere Vorarbeit auszugleichen.

keine Gestaltungsfähigkeit: Oftmals gibt es sehr veraltete ineffektive Abläufe. aber keine Möglichkeit diese zu verbessern. Da wird immer abgeblockt, weil es wird ja schon immer so gemacht. Da hat man dann halt auch wenig Bock, wenn man weiß, dass man das gleiche auch mit 4 Tagen schaffen würde, wenn man Dinge etwas optimieren dürfte, Ist halt extrem frustrierend, wenn immer Arbeit liegen bleibt deswegen. Da ist man dann halt lieber anwesend, macht entspannt seinen Job vernünftig und haut dann ohne einen zweiten Gedanken an die Arbeit bis zur nächsten Schicht ab.

Wahrscheinlich gibt's noch ein paar andere Dinge, aus dem Umfeld kenne ich noch, dass viele junge Leute, gar nicht freiwillig Teilzeit arbeiten. Bei einigen wird dies von Führungskräften im abgeblockt, auch wenn diese sich nach außen häufig darüber beschweren, wird dann bei der Anfrage des MA auf mehr Stunden immer geblockt. (mit einigen habe ich selber gearbeitet, und dort lag es definitiv nicht an der Leistung, bei anderen kann ich das natürlich nicht wissen)
In vielen Fällen zwingt aber tatsächlich der geringe Lohn Leute in die Teilzeit. Fast alle, die ich kenne, die Teilzeit arbeiten, haben noch einen Zweitjob, oftmals in Kneipen/Restaurants. Warum? Weil man dort dank Trinkgeld am Ende mit mehr rausgeht, als wenn man einen Tag mehr im Hauptjob arbeiten würde.

Und zu deiner Frage, was früher anders war. Früher haben die meisten Leute an das System geglaubt. Heute empfinden die Meisten es als unzureichend. Es wird seit Jahrzehnten ausgehöhlt anstatt, dass die notwendigen Verbesserungen vorgenommen werden. Wir sehen Zeit unseres Lebens, dass die meisten unserer Anliegen von der älteren Generation mit Füßen getreten werden. Da braucht man sich nicht wundern, wenn man das System nur zu seinen Gunsten nutzt.

Also nein, ich wiederspreche ganz klar, dass junge Leute heute weniger Belastungsfähig sind als früher. Eine Ausnahme gibt es hierzu, und das sind Leute unter 20. Das liegt aber nicht daran, dass diese "schlechter" oder sonstwas sind, als diese Leute vor 40 Jahren waren, sie haben einfach ganz andere Vorzeichen. Früher war n 18-jähriger 2 mit der Ausbildung fertig und Berufstätig. Heute fängt er mit der Ausbildung an. Ist doch völlig klar, dass jemand der 5 Jahre im Job ist ne komplett andere Arbeitseinstellung hat, als jemand, der gerade anfängt. Und dass sich Leute darüber wundert, verwirrt mich ehrlich gesagt ziemlich. Finde es auch vollkommen in Ordnung, dass Leute heute später in Berufsleben einsteigen, sie arbeiten ja schließtlich auch deutlich länger.

Icon1IvanTKlasnic gefällt das
The_Game
09.07.2023 16:31

Im Vergleich mit früher muss man eben auch sehen, dass man sich früher von einem normalen Job in Vollzeit auch deutlich eher ein gutes Leben leisten konnte, als das heute der Fall ist.

Und dann sind die Leute eben auch nicht mehr bereit ihr Leben auf die Arbeits auszurichten, wie IvanTKlasnic sagt, wenn du dann halt die wenige Freizeit nichts besonderes machen kannst, weil du trotzdem keine Kohle hast.

Außerdem sind wir vielleicht auch an dem Punkt angekommen, wo der jüngeren Generation klar ist, dass die Erzhälung man müsste doch jetzt in der aktuellen Situation auch mal Rücksicht nehemn und selber verzichten, um das System zu stärken seit Jahrzenten in Dauerschleife läuft und sie dazu einfach nicht bereit sind nach Jahrgängen die sich mit erzwungener Teilzeit, Leiharbeit und unbezahlten Praktika in der Arbeitswelt rumschlagen durften.

ralf321
ralf321
09.07.2023 18:24


IvanTKlasnic schrieb:


Yertle-the-Turtle schrieb:

Dieses Selbstverständnis von jungen Berufsanfängern mit Teilzeit zu beginnen bereitet mir aber schon etwas Sorgen für die Zukunft unseres Landes. In der "alten Welt" arbeitet man ja nicht just 4 fun Teilzeit, sondern z.B. um seine Kinder betreuen und erziehen zu können.

Ich frage mich was die Motivation dahinter ist. Mangelnde Belastungsfähigkeit oder Resignation sich in Deutschland mit Arbeit etwas aufbauen zu können.

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Also nein, ich wiederspreche ganz klar, dass junge Leute heute weniger Belastungsfähig sind als früher. Eine Ausnahme gibt es hierzu, und das sind Leute unter 20. Das liegt aber nicht daran, dass diese "schlechter" oder sonstwas sind, als diese Leute vor 40 Jahren waren, sie haben einfach ganz andere Vorzeichen. Früher war n 18-jähriger 2 mit der Ausbildung fertig und Berufstätig. Heute fängt er mit der Ausbildung an. Ist doch völlig klar, dass jemand der 5 Jahre im Job ist ne komplett andere Arbeitseinstellung hat, als jemand, der gerade anfängt. Und dass sich Leute darüber wundert, verwirrt mich ehrlich gesagt ziemlich. Finde es auch vollkommen in Ordnung, dass Leute heute später in Berufsleben einsteigen, sie arbeiten ja schließtlich auch deutlich länger.

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Wie kommst du drauf das die Leute heute später anfangen zu arbeiten?
Es hat sich doch am Schulsystem nichts geändert in den letzten Jahrzehnten?
Es ist doch genau umgekehrt.
Das Abi ist um 1 Jahr kürzer. Ca 2 Jahre Bundeswehr sind weg. Das Studium durch Bachelor ist teils kürzer.
So stehen die ja eher früher im Job.

Bei uns fängt kaum einer mit 5 Tagen 40h mehr an. Wenn doch kürzen sie bald, da man da ha keine Überstunden schafft Smiley. Beschweren sich dann sber das sie zu wenig verdienen. Mit 30h oder 4 Tagen.

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IvanTKlasnic
09.07.2023 19:11


ralf321 schrieb:


IvanTKlasnic schrieb:


Yertle-the-Turtle schrieb:

Dieses Selbstverständnis von jungen Berufsanfängern mit Teilzeit zu beginnen bereitet mir aber schon etwas Sorgen für die Zukunft unseres Landes. In der "alten Welt" arbeitet man ja nicht just 4 fun Teilzeit, sondern z.B. um seine Kinder betreuen und erziehen zu können.

Ich frage mich was die Motivation dahinter ist. Mangelnde Belastungsfähigkeit oder Resignation sich in Deutschland mit Arbeit etwas aufbauen zu können.

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Also nein, ich wiederspreche ganz klar, dass junge Leute heute weniger Belastungsfähig sind als früher. Eine Ausnahme gibt es hierzu, und das sind Leute unter 20. Das liegt aber nicht daran, dass diese "schlechter" oder sonstwas sind, als diese Leute vor 40 Jahren waren, sie haben einfach ganz andere Vorzeichen. Früher war n 18-jähriger 2 mit der Ausbildung fertig und Berufstätig. Heute fängt er mit der Ausbildung an. Ist doch völlig klar, dass jemand der 5 Jahre im Job ist ne komplett andere Arbeitseinstellung hat, als jemand, der gerade anfängt. Und dass sich Leute darüber wundert, verwirrt mich ehrlich gesagt ziemlich. Finde es auch vollkommen in Ordnung, dass Leute heute später in Berufsleben einsteigen, sie arbeiten ja schließtlich auch deutlich länger.

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Wie kommst du drauf das die Leute heute später anfangen zu arbeiten?
Es hat sich doch am Schulsystem nichts geändert in den letzten Jahrzehnten?
Es ist doch genau umgekehrt.
Das Abi ist um 1 Jahr kürzer. Ca 2 Jahre Bundeswehr sind weg. Das Studium durch Bachelor ist teils kürzer.
So stehen die ja eher früher im Job.

Bei uns fängt kaum einer mit 5 Tagen 40h mehr an. Wenn doch kürzen sie bald, da man da ha keine Überstunden schafft Smiley. Beschweren sich dann sber das sie zu wenig verdienen. Mit 30h oder 4 Tagen.

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Woran ich das Fest mache? An den Fakten:

Quelle: BIBB

Am Schulsystem hat sich nichts geändert, allerdings gehen viele Menschen viel länger zur Schule bzw. erwerben einen höheren Bildungsabschluss. so z.B. hatte sich vor 30 Jahren etwa 16% der Bevölkerung ein Abitur während 47% einen Hauptschulabschluss hatten. Heute (2020) sind es 42% mit Abitur und 19% mit Hauptschulabschluss. Selbst wenn das Abitur ein Jahr kürzer ist (was es übrigens nicht überall ist und etwa die Hälfte der westdeutschen Bundesländer haben inzwischen eine Rückkehr zu G9 beschlossen oder bereits umgesetzt) geht ein Abiturient halt trotzdem 3 Jahre länger zur Schule als jemand mit Hauptschulabschluss. mal ganz zu schweigen davon, dass auch viel mehr Leute studieren. Ja, studierte Leute können tendenziell jünger sein als früher, aber das war halt damals auch ein kleiner Bruchteil der Bevölkrerung. Wehrdienst haben damals übrigens die meisten NACH der Ausbildung gemacht und nicht davor.

Menschen steigen heute im Durschnitt weitaus später ins Berufsleben ein als früher, und das belegen alle Zahlen und Fakten zu dem Thema. Woran das bei euch im Unternehmen potentiell liegt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was du im letzten Absatz sagen wolltest, dass Leute auf Teilzeit gehen, weil sie bei Vollzeit noch zusätzlich Überstunden machen müssen/dies erwartet wird? Bezahlt/Unbezahlt?

JackD
JackD
09.07.2023 20:42


IvanTKlasnic schrieb:
also zunächst einmal zum Thema: Halte ich je nach Branche für vielversprechend, muss aber mMn vom Arbeitgeber ganz klar kommuniziert sein, dass dies eine "Bonusleistung" für effektives Arbeiten ist. Wer auch bei 4 Tagen weiterhin die Leistung bringt darf nach dem Test des systems halt weiterhin 4 Tage arbeiten, und wer nicht muss halt wieder 5 Tage hin. Ähnlich wird das ja bei vielen mit dem Homeoffice gehandhabt. Dass das z.B. bei mir im Einzelhandel keine Option ist, ist klar, brauchen wir nicht drüber zu diskutieren.


Yertle-the-Turtle schrieb:

Dieses Selbstverständnis von jungen Berufsanfängern mit Teilzeit zu beginnen bereitet mir aber schon etwas Sorgen für die Zukunft unseres Landes. In der "alten Welt" arbeitet man ja nicht just 4 fun Teilzeit, sondern z.B. um seine Kinder betreuen und erziehen zu können.

Ich frage mich was die Motivation dahinter ist. Mangelnde Belastungsfähigkeit oder Resignation sich in Deutschland mit Arbeit etwas aufbauen zu können.

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Ich arbeite seit dieser Woche auch in Teilzeit (30 Stunden). Dafür gibt es einige Gründe:

geringer Lohn: Ich verdiene knapp nen Euro mehr als Stundenlohn, mag jetzt erstmal kontraintuitiv sein, dass ich da weniger arbeite, aber ich komme mit der Knete auch so ganz gut klar und bei diesem geringen Lohn habe ich lieber einen Tag mehr Freizeit. Wäre der Lohn hingegen im Branchenschnitt überdurschnittlich gut, wäre ich definitiv interessierter an Vollzeit.

mangelnde Flexibilität beim Arbeitgeber: meine mögliche Arbeitszeit ist von 7-22 Uhr Montag bis Samstag und es wird auch eine gewisse Flexibität bei Ausfällen vorausgesetzt. Finde ich an sich auch nicht schlimm, allerdings muss man dann als Arbeitgeber dann auch eine gewisse Flexibilität haben. Und ich rede hier jetzt nicht von 2-3 Wünschen die Woche. sondern von 1-2 im Monat, die tendenziell sogar Wünsche zu unbeliebten Schichten/Freizeit an ruhigen Tagen sind. Das funktioniert logischerweise auch Problemfrei. Wenn ich dann aber einmal im halben Jahr nen Freitag und Samstag frei haben will (zur Erinnerung, ich arbeite sowieso 4 Tage die Woche), dann muss man da 20 Minuten rumdiskutieren, Und es ist nicht so, dass ich Samstag oft freihabe (stört mich nicht, dort zu arbeiten, solange ich nichts vor habe), mein letzter freier Samstag war vor 4 Monaten (ausnahme Urlaub, der Wochenweise sein muss). Ist auch nicht so als wäre in der Woche andere bereits abwesend und es hat auch niemand in der Abteilung Urlaub, noch ist ein Event o.ä. was stärkeren Andrang vermuten lässt Smiley
Die Möglichkeit sowas machen ist einer der Hauptgründe nicht Vollzeit zu arbeiten für mich, denn wenn ich schon bei 4 Tagen dort mega Stress habe, wie wäre es denn erst bei 5? Hätte auch null Problem, die Zeit vorher, ob durch einspringen oder andere Vorarbeit auszugleichen.

keine Gestaltungsfähigkeit: Oftmals gibt es sehr veraltete ineffektive Abläufe. aber keine Möglichkeit diese zu verbessern. Da wird immer abgeblockt, weil es wird ja schon immer so gemacht. Da hat man dann halt auch wenig Bock, wenn man weiß, dass man das gleiche auch mit 4 Tagen schaffen würde, wenn man Dinge etwas optimieren dürfte, Ist halt extrem frustrierend, wenn immer Arbeit liegen bleibt deswegen. Da ist man dann halt lieber anwesend, macht entspannt seinen Job vernünftig und haut dann ohne einen zweiten Gedanken an die Arbeit bis zur nächsten Schicht ab.

Wahrscheinlich gibt's noch ein paar andere Dinge, aus dem Umfeld kenne ich noch, dass viele junge Leute, gar nicht freiwillig Teilzeit arbeiten. Bei einigen wird dies von Führungskräften im abgeblockt, auch wenn diese sich nach außen häufig darüber beschweren, wird dann bei der Anfrage des MA auf mehr Stunden immer geblockt. (mit einigen habe ich selber gearbeitet, und dort lag es definitiv nicht an der Leistung, bei anderen kann ich das natürlich nicht wissen)
In vielen Fällen zwingt aber tatsächlich der geringe Lohn Leute in die Teilzeit. Fast alle, die ich kenne, die Teilzeit arbeiten, haben noch einen Zweitjob, oftmals in Kneipen/Restaurants. Warum? Weil man dort dank Trinkgeld am Ende mit mehr rausgeht, als wenn man einen Tag mehr im Hauptjob arbeiten würde.

Und zu deiner Frage, was früher anders war. Früher haben die meisten Leute an das System geglaubt. Heute empfinden die Meisten es als unzureichend. Es wird seit Jahrzehnten ausgehöhlt anstatt, dass die notwendigen Verbesserungen vorgenommen werden. Wir sehen Zeit unseres Lebens, dass die meisten unserer Anliegen von der älteren Generation mit Füßen getreten werden. Da braucht man sich nicht wundern, wenn man das System nur zu seinen Gunsten nutzt.

Also nein, ich wiederspreche ganz klar, dass junge Leute heute weniger Belastungsfähig sind als früher. Eine Ausnahme gibt es hierzu, und das sind Leute unter 20. Das liegt aber nicht daran, dass diese "schlechter" oder sonstwas sind, als diese Leute vor 40 Jahren waren, sie haben einfach ganz andere Vorzeichen. Früher war n 18-jähriger 2 mit der Ausbildung fertig und Berufstätig. Heute fängt er mit der Ausbildung an. Ist doch völlig klar, dass jemand der 5 Jahre im Job ist ne komplett andere Arbeitseinstellung hat, als jemand, der gerade anfängt. Und dass sich Leute darüber wundert, verwirrt mich ehrlich gesagt ziemlich. Finde es auch vollkommen in Ordnung, dass Leute heute später in Berufsleben einsteigen, sie arbeiten ja schließtlich auch deutlich länger.

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Off-Topic: Sind das nicht alles eher Gründe, sich einen neuen Job zu suchen, statt Arbeitszeit zu reduzieren?

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