12000 beben mit Metallica in der Arena
METALLICA: Sie geben alles. Foto: Wilde
Gibt Bands, bei denen ist ein Überleben ohne Gehörschutz nicht möglich, deren Sound mordet Ohr. Wenn Lars Ulrich von Metallica sein monströses Schlagwerk in der Preussag Arena in den Orbit tritt, seine Füße auf den Pedalen beim Hochgeschwindigkeits-Doublebase-Kicken heiß laufen, werden die Dezibelblocker als Gnade empfunden.
Was durch sie dringt, ist immer noch wie Tomahawk in Schädeldecke.
James Hetfield singt bei „Frantic“ aus dem Nähkästchen des Rock‘n‘Rollers, von all den verlorenen Tagen, der großen, andauernden Suche. „Mein Lebensstil legt meine Todesart fest“, ist die Pointe des Songs. Kein angenehmer Tod. Die Gitarre spuckt trockene Kürzel, ein Klang wie das Ratatatak von Maschinengewehren.
Die Suche: Metallica sind Meister des Hakenschlags, und sie sind jetzt zurück im Zorn. Nach ihren Versuchen mit Balladen, Blues und Country, der Bearbeitung ihrer Vorbilder, die bis zu Thin Lizzys „Whiskey in the Jar“ reichte und ihrem grandios-sinfonischen, wiewohl leidenschaftlich umstrittenen Doppelalbum „S&M“ kam in diesem Jahr „St. Anger“. Ein Album im vierten Gang, Gaspedal durchs Bodenblech, ohne Schmachter, lange Songs, knüppelhart allesamt – nur laut zu spielen. Die Band senkt die Läufe ihrer Waffen nur für kurze schwebende Gesangsintermezzi, ein Hauch von Pop, dann herrscht sofort wieder heavy, heavier, heaviest metal.
Und so ist auch die Show in der Arena. Die Bühne wird bestürmt wie Helms Klamm, ein Konzert im vierten Gang, Gaspedal ganz ohne Bodenblech, Klassiker wie „Creeping death“, „Master of puppets“, und „Harvester of sorrow“. Die verspielteren Alben zwischen Metal-Phase 1 und Metal-Phase 2 bleiben ausgeklammert, aber auch die Songs von „St. Anger“ werden sparsam eingesetzt.
Kommen dann aber wie Stahl-Watschen. Das Titelstück mit Ulrichs Berserker-Trommeln, dazu der wölfische Gesang Hetfields, „I need to set my anger free“. Da steht er, leicht vornüber gebeugt, die Zähne gefletscht wie Bruce Banner auf halbem Weg zum Hulk, die heilende Kraft des Zorns romantisierend. Man kauft ihm, um seine Biografie wissend, die freigesetzte Wut durchaus ab. Und mit Robert Trujillo von den Suicidal Tendencies als Nachfolger Jason Newsteds ist ein weiteres Tier in Lohn und Brot. Attacke! Bass, besser, am besten.
„One“, die Monsterballade vom zerschmetterten Soldaten Johnny und „Nothing else matters“, der Hit vom Schwarzen Album, sind die „weichsten“ Stücke des Abends. Und werden von den am Bühnenrand anbrandenden Fans genutzt wie eine Oase. „Forever trust in who we are – and nothing else matters (vertrau für immer darauf, wer wir sind – nichts anderes zählt)“ singt Hetfield. Und der Chor der 12000 verbündet sich mit diesen Worten endgültig wieder mit „seiner“ Band.
Auch „St. Anger“, hatte die Fan-Foren gespalten. Manche vermissten Soli, andere die Differenziertheit, den einen waren die Songs zu lang, andere empfinden generell jedwedes Rückwärts als Marschrichtung der Verlierer. Als das Licht aufflammt, ist zumindest eins gewiss: Den Warmduscherverdacht haben Metallica mit diesem Album, an diesem Abend abgelegt. Sie haben es uns gezeigt. Uns Brett für Brett das Blockhaus des Rock genagelt. Was ist all der Nu-metal-Wind gegen diesen Sturm?
Und hinterm Ohropax ein Knistern und Knirschen, Gehörknöchelchen formieren sich neu.
es war ganz gut...