Lassen sich The Standstills relative fachmännisch und von einem musikjournalistischen Standpunkt aus betrachten, entzieht sich das Empfinden hinsichtlich der Eagles of Death Metal einer Linearität, einer reinen Freude oder Eindeutigkeit, die mensch sonst so hat, wenn die Musik einer Band, ein Konzert oder Event das Publikum so sehr abholt, dass dasselbe im Schweiße seines Angesichts beim Tanzen ausrutschen könnte.
Schon beim Eintreten ins Musikzentrum, dem Untersuchen meiner Ausrüstung auf gefährliche Gegenstände, dem Abtasten und Co. ist jener unverneinbare rosa Elefant im Raum, der nur dann zu verschwinden scheint, wenn du die Hände in die Hüften stemmst und die Knie zusammenpresst. Aber erst der Beckenstoß ist es, der den Wahnsinn hervortreibt. „It’s just a jump to the left. And then a step to the right“ Und da ist er, der Zeitsprung. Jesse Hughes tanzt mit seinem Publikum den Rocky Horror „Time Warp“ und er wird es bis zur letzten Minute nicht nur zum Tanzen und Kochen bringen, er kümmert sich, weist darauf hin, bei allem Spaß auf die eigene Gesundheit achtzugeben – stay hydrated – und beteuert vielfach, den besten Job zu haben, umgeben von Familie und Freunden Musik machen zu dürfen.
Dass er das ernst meint und ein absoluter Familienmensch ist, wird spätestens klar, als er seine Mama auf die Bühne holt, der er – gemeinsam mit dem hannoverschen Publikum – ein Happy Birthday Ständchen darbietet.
Gedankensprung. Ab und zu verfängt sich ein Gedanke in den Worten jener, die an diesem Abend nicht hier sind. Freunde, die dem Konzert aufgrund gewisser Dinge, die der ultrakonservative Privatmann, Abtreibungsgegner und Waffenlobbyunterstützer Hughes verbreitet, ferngeblieben sind. Gleichzeitig scheint er durch seine beinahe geschlechterparitätisch besetzte Band eine Gleichberechtigung auf der Bühne herzustellen, von der die Musikindustrie insgesamt nur zu träumen mag.
Die Welt ist kompliziert, die Liebe zur Musik ist es nicht.
Die pure Freude, die das Publikum an diesem Abend empfindet, sie darf in diesem Moment exzessiv und im Jetzt sein, denn weil der rosarote es-könnte-jeden-Moment-vorbei-sein-Motherfucker-Elefant immer mit im Raum ist, wenn die Eagles of Deth Metal die Bühne betreten, scheint der Rausch der Musik noch extremer erfüllt werden zu wollen. Eagles-of-Death-Metal-Frontmann Hughes scheint diese Ambivalenz zu leben und herauszufordern. Gekonnt.
Vielleicht ist es der rosa Elefant, vielleicht die Corona-Flaute, die diesen Gig zu einzigen Vanitas-Wahnsinn, einem memento-mori-carpe-diem-einfach-im-jetzt-sein macht, vielleicht ist es Hughes, der sich zu Lieblingssong-Zugaben ins Getümmel wirft und sich vom Balkon aus mit seinem Gitarristen ein Battle liefert, so als wolle er sagen, ich bin ihr, ich bin euch nah und niemand kann den Rock `n`Roll töten. Auch kein rosaroter Elefant.
Die Eagles of Death Metal, sie wissen um das Geschenk, von dem, was sie lieben, leben zu können.
Für Fabian Stech