Die Idles sind nicht nur die erfolgreichste Postpunk-Band, sondern wahrscheinlich das Authentischste, was die Szene so hergibt – absolut ansteckend, energetisch und britisch im besten Sinne. Die Band hat’s nicht darauf abgesehen, irgendwie perfekt zu sein, ist in dem, was sie tun, brutal echt, „eine eigene Liga“, sagen die einen, „leidenschaftlich“ fühlen ’s die anderen. Auch wenn sie musikalisch beinahe zu filigran für Punk erscheinen, ist ihre Haltung eine kompromisslos humanistische. Dass hier Punk nicht bloße Attitüde, kein Look, sondern das ist, wonach es riecht, wenn dir Kummer aus den Poren kriecht, macht die Idles so politisch, persönlich und pur.
Liest man die Kritiken zu den Konzerten in Berlin und Hamburg, so können es die Idles allerdings niemandem recht machen. (R)eine Vermutung: Das wollen sie auch nicht. Bei der ersten Vorstellung ihres Love-Album „Tangk“ Mitte Februar, wird ihnen eine mangelnde Haltung zum Krieg in Gaza vorgeworfen, in Berlin und Hamburg heißt es, die Shows seien zu Pro-Palästina-Kundgebungen verkommen. Von der Kunstfreiheit gedeckt, muss Musik weder politisch weder anschmiegsam noch bequem sein. Was genau es damit auf sich hat, dass Joe Talbot vor einem Song über seine Mutter, der im Grunde eine Kampfansage an den Sexismus ist, „Viva Palestina“ skandiert und in „The Wheel“ den Refrain zu einem „Can I get a Hallelujah? Viva Palestina“ variiert, weiß nur er allein. Hört man genauer hin, lässt sich vermuten, dass die IDLES hier weder für die einem noch für andere Seite Partei ergreifen, sondern die massiven sexuellen Verbrechen gegen die Frauen anprangern, die im Krieg – ob in My Lai, im II. Weltkrieg, in Bosnien oder im Krieg gegen die Ukraine – als perfideste Waffe eingesetzt werden. Feministisch, nicht toxisch, Wahrhaftig und nicht weniger als das:
“Sexual violence doesn’t start and end with rape
It starts in our books and behind our school gates
Men are scared women will laugh in their face
Whereas women are scared it’s their lives men will take.”
Talbot (voc), Bowen (git), Devonshire (bass), Kiernan (git) und Beavis (drums) schenken Hamburg – neben acht Songs aus dem aktuellen Album – ein best off aus ihrem Œuvre und halten an diesem Abend ein Level, das ansteckend energetisch gegen einen Countdown anspielt, der augenscheinlich und unerbittlich am Bühnenrand die 110-minütige Show herunterzählt.
Ein absolut fantastischer Abend.
Mother
Fucker
Mother
Fucker