Helloween
2018, Sporthalle Hamburg. Vor der ausverkauften Halle tritt Helloween auf, als krönender Abschluss der “Pumpkins United” Tour. “United”, weil zwei altbekannte Stimmen wieder mit dabei sind. Kai Hansen, Gründungsmitglied und allererster Sänger von Helloween, der sich nach 2 Jahren vom Gesang zurückzog und als Gitarrist noch 4 weitere jahre die Band voran brachte, und Frontmann Michael Kiske, der Kai damals am Mikrofon abgelöst hat, waren wieder zurück und standen mit Andi Deris (seit 1994 Frontmann von Helloween) zusammen auf der Bühne.
Nachdem die darauf folgende “United Together” Tour 2020 vorzeitig beendet werden musste, hat Helloween sich in der neuen Konstellation ins Studio gesetzt und ein neues Album namens “Helloween” herausgebracht, das nun in der neuen “United Forces” Tour in die Welt getragen wird. Und auch nach Hamburg in die Sporthalle. Bereits der Eröffnungssong “Skyfall” (letzter Track vom neuen Album) zeigt wo die Reise hingeht. Nach einem eher ruhigen Start mit jaulender Gitarre und Gesang von Frontmann Andi Deris folgen 12 Minuten schnelle Gitarren-Riffs, Schlagzeug-Gewitter und Lyrics mit langgezogenen Screams. Unentwegt tanzen die Finger der Gitarristen auf dem unteren Bereich der Gitarrenhälse und entlocken der Gitarre hohe, jaulende Tonfolgen, gestützt von harten Metal-Riffs. Michael und Andi lösen sich dabei ab ins Mikro zu screamen und immer höhere Töne zu treffen oder singen im Duett den gut mitsingbaren Refrain.
Der Song zeigt deutlich, wo der Unterschied zwischen Helloween und “Klassischen” Power-Metal Bands wie Hammerfall ist. Hammerfall befolgt die Grund-Rezeptur des Power Metal mit 2 Gitarren, Bass und Schlagzeug, bei der jeder Song eins von Tempi durchhält (Schnell, Ballade oder richtig schnell). Helloween wiederum schiebt in Skyfall gleich mehrere Passagen mit unterschiedlichen Tempi ein, die zeigen wie breit die Palette dieser Band ist. Ab Minute 4 wird aus dem schnellen Metal-Song ein langsamer Rock-Song, und abgesehen vom Metal-Fundament der schweren Gitarren fühlt man sich an Songs wie Rocketman von Elton John erinnert. Eine Minute später werden schon wieder schnelle Gitarren-Soli gespielt, aber der Song wechselt in einen relativ simpel gestrickten “Metal-Helden-Epos” wie man ihn von Iron Maiden kennt, um dann wieder progressiver und komplexer zu werden.
Die größere Varianz und ein Hang zur Virtuosität (wenn auch nicht auf dem Niveau eines Dream Theater) hat Helloween zu einer der ganz großen Bands werden lassen, was man eindeutig anerkennen muss, während die Band eine Reise durch 39 Jahre Bandgeschichte mit ihrem Set vollzieht. Mittendrin darf Kai Hansen noch einmal das Mikrofon ergreifen und ein Medley von “seinen” Songs singen, wobei er die Fackel bzw. die E-Gitarre an seinen Sohn übergibt. Gitarrist und Sohnemann Tim Hansen hat sichtlich Spaß dabei, auf der großen Bühne zu stehen und mit den “Großen” zu spielen.
Und so ist es auch schön, dass auf der Bühne die nächste Generation von Metal-Heads zu sehen ist, die alle “Erstlinge” im Publikum willkommen heißt. Am Ende gibt es in alter Metal-Manier zwei Zugaben, und das Publikum wird standesgemäß mit dem Helloween-Klassiker “I want Out” in die Samstag-Nacht verabschiedet.