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20. Bühnenjubiläum: Samurai Guitarist Miyavi in Bochum

Steffie WunderlSteffie Wunderl, 30.09.2023

Steffie Wunderl

Steffie Wunderl
30.09.2023

Miyavi, ein Multitalent aus Japan, ist ein Musiker, Schauspieler und Humanitärer. Diese drei Facetten seiner beeindruckenden Biografie spiegeln seine Leidenschaft, sein Talent und seine Hingabe wider. Vor Kurzem feierte er seinen 41. Geburtstag und kann auf eine über 20-jährige Karriere zurückblicken, in der er die Welt mit seinen schnellen Fingern auf der Gitarre, seinem einzigartigen Stil und seiner Vielseitigkeit verzauberte. Dabei überwand er nicht nur die Grenzen seiner Heimat Japan, sondern knüpfte auch enge Bande mit Deutschland, wo er seit 2007 regelmäßig auftritt. Ob bei Auftritten auf der Animagic Convention oder während seiner zahlreichen Solo-Tourneen, Miyavi eroberte die Herzen der deutschen Musikfans und schuf sich eine treue Fangemeinde, die ihm über viele Jahre hinweg verbunden blieb. Dieser Beleg für die tiefe Verbundenheit zeigt sich auch in Bochum. Obwohl die Zeche für ihn ein unbekannter Tourstopp war, fühlte sie sich für langjährige Szenefans wie eine zweite Heimat an, die sie zu zahlreichen Konzerten eingeladen hatte.

Vier Jahre nach seiner letzten Tour und inmitten der Schatten der anhaltenden Pandemie fühlte sich das Konzert wie ein Klassentreffen an, bei dem alte Freunde aus ganz Europa wieder zusammenkamen. Neue Fans wurden herzlich in die Gemeinschaft aufgenommen, und selbst der verspätete Einlass aufgrund eines Staus konnte die entspannte Stimmung nicht trüben.

Dafür geht es auf der Bühne sofort und pünktlich zur Sache. Ohne Supportact gehört sofort Miyavi und seinen Musikern die Bühne. Die Fans in der gut gefüllten Zeche belohnen es mit Applaus und begeistertem Kreischen. Miyavi dankt diese Energie mit den ersten musikalischen Krachern des Abends. Während bei „Selfish Love“ die Finger wild über die Saiten fliegen, fordert „WHAT’s MY NAME?“ die Interaktion mit dem Publikum. Das setzt die Marschroute für gut zwei Stunden Reise durch die gesamte Diskografie des Japaners. Dabei zeigt sich einmal mehr bemerkenswert wie deutlich Miyavis Handschrift ist, denn obwohl er über die Jahre hinweg mit zahlreichen Stilrichtungen und Einflüssen experimentiert hat, kommt es musikalisch nie zu einem Bruch oder Irritationen. Einzig die Generationenunterschiede der Fans zeigen sich je nach Station der Setlist, denn gerade die jüngeren Fans scheinen mit den alten Werken weniger vertraut.

Zwischen den Songs nimmt sich Miyavi viel Zeit mit den Fans in den Dialog zu gehen. Er ist bemüht Bochum richtig auszusprechen, erkundigt sich nach den Besonderheiten der Stadt – ein schwieriges Unterfangen denn nur wenige Fans sind tatsächlich aus Bochum. Ein Fan, der Miyavis gesamte Tattoos am eigenen Körper trägt, zieht die Aufmerksamkeit des Musikers auf sich. Er holt ihn auf die Bühne und staunt gewaltig. So schwelgen Künstler und Fans zeitweilig auch in Erinnerungen an die Konzerte in Köln. Der ewige Running Gag – der Wunsch nach dem Song „Freedom Fighters“ – darf ebenfalls nicht fehlen und wird mit den Zugaben belohnt. Miyavi nimmt sich auch die Zeit für ernste Botschaften. „Musik hat die Kraft Ängste zu überkommen“, stellt er in Retrospektive auf die Pandemiezeit fest. Er engagiert sich außerdem als Botschafter der UNHCR, erzählt von seinen Besuchen in Flüchtlingslagern und ruft einmal mehr dazu auf, dass jeder von uns durch kleine Taten die Welt jeden Tag ein wenig besser machen kann. Miyavi beweist immer wieder seine Herzlichkeit, scherzt mit den Fans und schafft es so, das enge Band zwischen Künstler und Fans weiter zu knüpfen, das sie über Jahrzehnte verbindet.

Musikalisch zeigt er sich von seiner besten Seite. Er wirbelt über die Bühne und scheint keinen Tag in den vergangenen 20 Jahren gealtert zu sein. Ein kleines Akustik-Set sorgt für ruhige Akzente, unterstreicht den intimen Charakter, den er durch die Gespräche aufbaut. Doch den Großteil der knapp zwei Stunden gibt es für ihn kein Halten und das danken ihm die Fans mit Energie und Begeisterung. Wünsche bleiben kaum offen, auch wenn nach so vielen Jahren natürlich noch so einige Klassiker aus den Schmuckkästchen ausgegraben werden könnten. Das Versprechen bald zurück zu kommen ist ebenso ehrlich und glaubwürdig, denn dieser Mann ist für die Bühne geboren und auf den Bühnen der Welt zuhause. Vielleicht geschieht ja noch das Wunder, ihn mit dem Legendenprojekt The Last Rockstars auch in Europa live erleben zu dürfen. Doch an diesem Abend steht seine Solo-Karriere im Fokus und die wird mit dieser Tour gebührend gefeiert. Das Konzert ist ein musikalisches Fest, dem hoffentlich noch viele ähnliche folgen werden.

Danke Miyavi, auf die nächsten 20 Jahre!

PS: Eine letzte begeisterte Anmerkung – selten habe ich in den letzten Jahren ein Konzert dieser Art erlebt, bei dem so dezent mit Handys gefilmt und fotografiert wurde. Stattdessen wurde erlebt und genossen. Die Akustik-Songs wurden nicht gestört, sondern als ebendiesen ruhigen Moment genossen. Das hat dem Abend noch die Kirsche auf die Sahne gesetzt!

Steffie Wunderl Steffie Wunderl

Berufsfotografin Steffie ist immer auf der Suche nach einem ausdrucksstarken Moment. Ob eSport, Rollstuhlbasketball, Musikevent oder Hochzeit – es entstehen außergewöhnliche Bilder, die das Gefühl vermitteln, in ihren persönlichen Augenblick eintauchen zu können.