Gerry schrieb:
Eigentlich wollte ich mich zu dem Thema raushalten, aber irgendwie muss ich jetzt doch auch dazu was schreiben.
Was haben wir eigentlich für "Fakten" vorliegen? Frauen, die "versichern", dass sie irgendwie, irgendwo, irgendwann mit Till und/oder anderen aus der Band im Bett gelandet sind. Sei es gewollt, "gezwungen" oder aus anderen Gründen.
Was ich aber aus den letzten Wochen aus der Presse mitbekommen habe, ist dieses, dass KEINE der Frauen, die in die Öffentlichkeit gegangen sind (nicht mal Keyla (???)) irgendwie Anzeige erstattet hat. Dann stellt sich die Frage, wenn die Frauen gegen ihren Willen sexuell belangt wurden, warum erstatte ich dann keine Anzeige, geh aber damit an die Presse bzw. Öffentlichkeit? Auch die beiden Frauen, bei denen jetzt vor über 20 Jahren was vorgefallen ist, haben bisher keine Anzeige erstattet? Und das jetzt "rein zufällig" vor/während den Berlin-Konzerten? Irgendwie hat das ganze schon auch ein "G'schmäckle".
Wenn ich sexuell belästigt werde/wurde, warum erstatte ich dann keine Anzeige? Vielleicht bin ich auch nur ein alter weißer Mann, aber ich verstehs nicht.
Ja, es geht um bei vielen um die Moral, weil es falsch ist, was da bei R+ jetzt passiert ist. Aber jeder hat andere Vorlieben, auch was das sexuelle Thema betrifft. Wenn ein Ehemann/frau sich eine/n Professionelle/n holt, mag es vielleicht moralisch verwerflich sein, rechtlich aber ok.
Wenn sich zwei finden, die damit einverstanden sind, warum nicht? Für den einen gelten diese, für den anderen jene Massstäbe. Jeder muss das für sich selbst ausmachen. Aber jetzt andere Leute darüber belehren, dass es doch falsch ist und wie bei allen anderen Theman den "moralischen Zeigefinger" zu heben, nur damit man sich auf der "guten Seite" sieht, ist doch auch irgendwie schwach.
Sarkasmusmodeon: Was ist nur aus dem gute alten Motto Sex, Drugs & Rock'N'Roll geworden?
Mich würde ja interessieren, was eine Uschi Obermaier zu dem ganzen Thema sagen würde. Wäre auch mal interessant, was damals in den 60ern oder 70ern so abgegangen ist, ob da auch alles in gegenseitigen Einvernehmen stattgefunden hat...
P.S. Nein, ich will das ganze nicht verharmlosen, aber jeder sollte mal einen Gang runterschalten.
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Warum viele sich nicht (oder erst sehr spät) zu Wort melden, hat verschiedene Gründe.
Da spielen natürlich große Ängste mit - wird man mir glauben? Was passiert in dem Prozedere? Wie werden sie mich behandeln? … diese Sorgen, Ängste und Fragen sind natürlich nochmal extremer, wenn es sich um eine öffentliche Person handelt.
Und vor 20 Jahren war das Machtgefälle noch extremer. Und der solidarische Kreis kleiner.
Wie schon gesagt: sowas kann mit mehr Unterstützung bzw. mit dem Kollektiv der Betroffenen, die sich aktuell melden, “besser” ausgehalten werden. Je mehr Betroffene, desto mehr sind manche Menschen dazu bereit es zu glauben, so traurig das auch ist.
Bei sexualisierter Gewalt spielt aber auch oft Scham und das Gefühl von schuld leider eine sehr große Rolle.
Das liegt ua a den oben genannten Beispielen… dass betroffenen Personen oftmals eine gewisse Teilschuld suggeriert wird, von Öffentlichkeit, Justiz und Polente. zB die Idee, dass Kleidung etwas ausmacht. Dabei wird oft außen vor gelassen, dass sexualisierte Gewalt vor allem mit machtbehauptung und Unterdrückung zu tun hat.
Zumal es eine Art doppelter Schmerz, eine retraumatisierung, sein kann, da sie diese Situationen im Verfahren noxhmal durchleben müssen. Um dann in schlimmsten Fall miterleben zu müssen, dass es mangels an beweisen fallen gelassen wird, nicht geglaubt wird (zB Gina Lisa) oder ihnen wirklich schuld vorgeworfen wird (zB bei Tom schwarz).
Wem kann man vertrauen, wenn das System uns nicht schützt?
Deswegen muss die oberste Priorität sein, dass wir den Betroffenen den Raum geben, den sie brauchen. Dass wir sie ernst nehmen und uns solidarisch zeigen.
Denn wenn wir beginnen, die Art und Weise, wie sich betroffene Personen äußern, auseinanderzunehmen, gerät dies aus dem Blick und in den Hintergrund.
Auf diese Weise bleiben Täter organisiert und Betroffene isoliert.
Dass man zu solchen Fragen aber tendenziell neigen kann, liegt an dem System in dem wir leben und dass es jahrhunderte(tausende)lang genau so gehandhabt wurde.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir immer wieder darüber sprechen.