Politik-Thread

eröffnet von FBG am 13.02.2006 14:16 Uhr
6.461 Kommentare - zuletzt von Locust

6.461 Kommentare
« Seite 235 von 259 »
ralf321
ralf321
15.01.2023 14:42·  Bearbeitet

Na so ist das halt bei uns .. fachfremde kein Problem in der Politik

Nicht alles ist machbar, Frau Nachbar: Zu viele fachfremde Minister schaden der Politik

www.nzz.ch

Locust
15.01.2023 15:03


NoelGallagher schrieb:
Nun war das Verteidigungsministerium ja auch jahrzehntelang kein Ministerium, um das sich die Leute gerissen haben. Letztlich musste man dort ja der Truppe ständig nur verkaufen, weshalb nun hier und dort gespart werden muss.. Das wird sich nun ja *wahrscheinlich* ändern.

Aber in der Tat recht kurios, vielleicht aber der deutschen Geschichte geschuldet, dass in Deutschland kein Ex-Militär eine Rolle in der Politik spielt.

Aber wie sagt(e) man so schön: Das Parlament ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer.

Zitat anzeigen



blubb0r
15.01.2023 15:11


ralf321 schrieb:
Na so ist das halt bei uns .. fachfremde kein Problem in der Politik

Nicht alles ist machbar, Frau Nachbar: Zu viele fachfremde Minister schaden der Politik

www.nzz.ch

Zitat anzeigen


Naja... Struck hatte keinen Militärhintergrund und war sehr beliebt...

Aktuelles Negativbeispiel ist Karl als Gesundheitsminister, der einen sehr schlechten Job macht, trotz passendem Hintergrund.

Icon1IvanTKlasnic gefällt das
Locust
15.01.2023 15:17·  Bearbeitet

Wer wirklich vom Fach ist, wird als «Fachidiot» gesehen, weil ihm angeblich fehlt, wofür die Unqualifizierten stehen sollen, das Denken in Zusammenhängen. An der Spitze einer Fachbehörde braucht es aber Fachkompetenz.

Ich habe mal den Satz rausgenommen weil er Blödsinn ist. Es gibt zwar in der Wirtschaft auch Führungskräfte die keine Fachkräfte sind, aber die haben dafür Managementerfahrung und daran fehlt es oft gewaltig. Bei Managern steht das denken in Zusammenhängen im Vordergrund, aber das kommt nicht einfach so durch mangelnde Qualifizierung. Zuviel Management ist im Unternehmen auch mal kritisch zu sehen aber zu wenig umso mehr und für Führungsaufgaben muss man auch der Typ dafür sein. Ich sehe das oft auch in der Wirtschaft, dass da Leute in was reingedrängt werden was dann nicht zu ihnen passt. Das hat dann auch viel mit Auftreten und Ausstrahlung zu tun.

Ich finde Quoten als Diskussionspunkt und zum Bewusstsein stärken gut, aber die krampfhaft und v.a. zu schnell zu wollen ist fatal. Wie bei vielen brauchen Veränderungen Zeit und die Richtige Quote gibt es ohnehin nicht. Aber menschliche Egos stehen nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft dem Erfolg im Wege.

blubb0r
15.01.2023 15:46

War halt auch jetzt nicht so, als hätten wir in den vergangenen Jahrzehnten ohne Quote passende Leute gefunden.

Ich glaube halt vielmehr, dass es in unserem Politbetrieb generell an fähigen Leuten mangelt. War bei der Wahl auch schon so, dass ich keiner Partei und keinem Kandidaten auch nur ansatzweise es zugetraut habe, die Probleme unserer Zeit zu lösen.
Gibt überall gute Leute (Lars Klingbeil, Konstantin Kuhle, Roderich Kiesewetter, Habeck), aber halt auch genauso viele absolute Vollgraupen.

Cody
15.01.2023 15:56


blubb0r schrieb:
War halt auch jetzt nicht so, als hätten wir in den vergangenen Jahrzehnten ohne Quote passende Leute gefunden.

Ich glaube halt vielmehr, dass es in unserem Politbetrieb generell an fähigen Leuten mangelt. War bei der Wahl auch schon so, dass ich keiner Partei und keinem Kandidaten auch nur ansatzweise es zugetraut habe, die Probleme unserer Zeit zu lösen.
Gibt überall gute Leute (Lars Klingbeil, Konstantin Kuhle, Roderich Kiesewetter, Habeck), aber halt auch genauso viele absolute Vollgraupen.

Zitat anzeigen


Du benötigst halt auch absolut null Qualifikation um es in die Politik zu schaffen. Gut, grenzdebil in die Kamera schauen und Hintern küssen um aufzusteigen hilft, aber sonst? Da sind nicht umsonst einige Experten dabei, die keinerlei Ausbildung oder Studium erfolgreich absolviert haben. Dementsprechend hat man dann solch ein Klientel in Berlin oder im Landtag sitzen.

blubb0r
15.01.2023 16:05

labern musste können und die richtigen leute kennen, wenn man es hart ausdrücken will. mal davon abgesehen, dass du "aus gutem hause" kommen musst, um es dir überhaupt leisten zu können, dich neben der arbeit/dem studium politisch zu engagieren - das kostet ja auch zeit.

deswegen ist jemand wie kajo laumann ein absoluter exot, ohne studium, hauptschulabschluss, klassische ausbildung...

Locust
15.01.2023 16:36·  Bearbeitet

Quoten schränken halt die Auswahl ein und führen dann dazu, dass man nicht die beste Wahl treffen kann.

Das große Problem ist allerdings, dass sowohl in Politik wie auch unter den Pädagogen die Bezahlung und der Ansporn vergleichsweise gering ist, deshalb vermutlich auch oft der Zusammenhang.

Im Grunde braucht man in Politik und auch bei den Lehrkräften die hellsten Köpfe und fähige Menschen, allerdings tuen sich das von denen viele von vorne rein nicht an, da man in der Wirtschaft hinsichtlich Erfolg und Verdienst ganz andere Möglichkeit hat. So führt dies dazu dass die Qualität oft leidet.......

Gute Leute hast du dann v.a. wenn diese das mit Leidenschaft und aus Überzeugung tun, diese gibt es natürlich auch, aber halt nicht durch die Bank.

MinistryOfDeath
MinistryOfDeath
15.01.2023 21:31

Eyeyey, wieder ganz viel unqualifiziertes Stammtisch-Gebrabbel, was hier aufgefahren wird. Immer man druff mit der Pauschalisierungskeule auf die Politiker, die sind ja sowieso alle korrupt und überhaupt ...

Ne, mal ganz ehrlich Leute, dass einzige was ihr damit fördert, ist Politikverdrossenheit. Die allermeisten Politiker in Deutschland sind (zum großen Glück) fähige und engagierte Leute. Sonst wärs in dem Laden hier aber mal ganz fix zappenduster.

Klar, unten den x-tausend politisch engagierten Leuten, die ohnehin ständig in der Öffentlichkeit stehen, gibt's auch mal den ein oder anderen Volldepp. Dazu würde ich Frau Lambrecht noch nicht einmal zählen. Sie war einfach von Anfang an unzufrieden mit ihrem Job. Ich könnte noch nicht mal von mir selbst behaupten, dass ich an ihrer Stelle mich anders verhalten hätte. Gut, ich bin auch nicht Verteidigungsminister geworden, deshalb ist der Rücktritt auch die richtige Entscheidung, denke ich.

Aber dass die Bezahlung an der vermeintlichen Inkompetenz Schuld sein soll, halte ich für groben Unfug. Alles über 70.000 Jahresbrutto hat einen vernachlässigbaren Effekt auf die Motivation eines Einzelnen, ist wissenschaftlich nachgewiesen. Bundestagsabgeordnete liegen weit da drüber. Ich gehe auch mal stark davon aus, dass die meisten Politiker ihren Job mit Leidenschaft und aus Überzeugung tun.

Icon2schlafmuetzeund anderen gefällt das
blubb0r
15.01.2023 22:03

Genau, weil wir alle sofort über Korruption geschrieben haben... Smiley

Ja, ich bin politikverdrossen, steh ich zu. Und jetzt? Ich glaube auch nicht, dass die Demokratie uns in unseren Krisensituationen helfen wird - will ich sie deswegen abschaffen? Auf gar keinen Fall.

Wenn Lambrecht von Anfang die Stelle nicht wollte (und dafür gab es ja Indizien), dann hätte sie sich vielleicht einfach nicht überreden lassen sollen. Denn Leute wie sie (oder Scheuer) fördern die Politikverdrossenheit.

Locust
15.01.2023 22:29


MinistryOfDeath schrieb:
Eyeyey, wieder ganz viel unqualifiziertes Stammtisch-Gebrabbel, was hier aufgefahren wird. Immer man druff mit der Pauschalisierungskeule auf die Politiker, die sind ja sowieso alle korrupt und überhaupt ...

Zitat anzeigen



Viel schlimmer ist ein pauschales diffamieren ohne konkret zu werden und dann auch noch Dinge dazu zu dichten. Besser wäre Leute konkret und sachlich anzusprechen.

hermes81
16.01.2023 11:53

Politikverdrossenheit geht doch mittlerweile durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten.
Und das hat gute Gründe. Die meisten davon sitzen im Bundestag.

Ja, da werden einige Damen und Herren ehrbare Ziele gehabt haben (vllt. noch haben), aber dieses Geschäft (und nichts anderes ist es) macht diese Leute idR recht schnell satt.
Ich empfehle immer wieder das herausragende Buch von Roger Willemsen "Das Hohe Haus".

Der Rücktritt von Frau Lamprecht ist folgerichtig und eigentlich überfällig.
Dennoch hätte sie es auch aussitzen können, wie so viele Damen und Herren die Ihren Ministerposten nicht ansatzweise gewachsen sind.
Da müssen sich die Damen und Herren aus der Opposition jetzt überhaupt nicht aufspielen.
Wenn ich mir überlege welche Komplettversager:innen diese Parteien gestellt haben, so war Frau Lamprecht tatsächlich nicht die Schlimmste aller Fehlbesetzungen.
Ich rechne es Ihr wirklich hoch an, dass Sie die Konsequenzen zieht.

Das Schlimme ist: Mittlerweile wird mehr über Namen als Inhalte diskutiert.
Statt mal Strukturen zu schaffen die es wirklich erlauben etwas zu ändern.

Von daher habe ich recht wenig Erwartungshaltung. Wird halt wieder nur ein Name getauscht.
An der eigentlichen Problematik wird sich nichts ändern.
Und exakt deshalb verlieren auch immer mehr Menschen den Glauben an diese Art der Politik.

Icon7Mambound anderen gefällt das
Rhapsode
Rhapsode
16.01.2023 13:08

Ich persönlich steh da immer etwas zwischen den Stühlen:

Erstmal grundsätzlich: Ich glaube persönlich, dass es in diesem Land - um Pispers zu zitieren - viel weniger Politikverdrossenheit als Politikerverdrossenheit gibt. Das ist keine semantische Spielerei, sondern ein extrem wichtiger Unterschied, der nicht genug betont sein könnte.

Dann glaube ich, dass es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt ganz heftige Probleme gibt, diese jeweils nur in anderen Bereichen ausgeprägt sind. Sehr viele Leute - ich häufig auch - neigen dazu, immer das nicht Funktionierende, das Fehlende, das Negative fokussiert in den Blick zu nehmen, dagegen die Sachen, die super laufen, für selbstverständlich zu halten. Ich will damit nicht anregen, Dinge unnötig schön zu reden, sondern eine kritische Distanz zum eigenen Pessimismus und Weltschmerz grundsätzlich einzunehmen.

Einerseits habe ich vor dem Berufsstand des Politikers hohen Respekt. Ich weiß nämlich - und da reichen mir schon meine eigenen Mikroerfahrungen aus dem Bereich der Hochschulpolitik, warum ich genau das selbst nie machen wollen würde. Einerseits aus externen Gründen (negative Kritik überwiegt unabhängig von dem, was man macht, in der Regel aus o.g. Gründen), als auch vor allem aus internen Gründen, die damit zusammenhängen, dass Entscheidungen häufig nicht gemeinsam auf rationaler Basis getroffen werden, sondern aus vielen anderen, meiner Meinung nach nachrangigen Gründen, und das muss man erstmal verdauen können.
Ich glaube auch nicht, dass unsere Politiker unfähig, doof oder wie auch immer unterdurchschnittlich sind. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auch nur einen Donald Trump in ner annähernd wichtigen Position haben.

Andererseits glaube ich schlichtweg, dass unsere Politiker allzu häufig nicht couragiert genug sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Deswegen kommt auch häufig dieses Bild vom Verwalten der Zustände auf. Der Grund liegt darin, dass zwar viele von ihnen häufig unangebracht ideologisch sind, aber nicht an der einen entscheidenden Stelle ideologisch genug, das zu tun, was man wirklich für richtig hält, gerade dann, wenn ein Verlust von Wählerstimmen dadurch droht. Und selbst wenn doch, verhindern verfestigte Strukturen in den Parteien dies gern mal. Ich finde man sieht das auch wunderbar an der Sprache sehr vieler Politiker: Bloß nicht anecken, möglichst inhaltsloses Zeug reden, womit man sich jedenfalls nicht angreifbar macht etc. Mir kommt es beizeiten so vor, als ob das durch die Social Media Entwicklung mit verursacht wurde.
Wer das nicht nachvollziehen kann: Tut euch mal den Gefallen und schaut euch mal Elefantenrunden bzw. Kanzlerduelle der letzten ein zwei Wahlen und im Vergleich dazu die Runden aus den 70/80ern an, die man auf YT in voller Länge noch finden kann an. Nicht nur die Politiker haben damals inhaltlich ganz anders geredet, auch die Fragensteller gingen viel mehr in die Tiefe. Passend dazu auch die Art, wie Zeitungsartikel früher und heute geschrieben wurden. Die Gründe dafür sind recht offensichtlich.

Hinzu kommt auch die Korruption, die wir leider immer noch viel zu schlecht bekämpfen. Man sollte aber hierbei nicht unnötig pauschalisieren. Nur weil 100 mal über Scheuer oder Spahn berichtet wurde, betrifft das noch immer keine 100 Politiker.

Im Übrigen halte ich die Fachkompetenz von Ministern für recht überbewertet, da werden meist ganz andere Qualifikationen benötigt. Komplett fachfremd ist mir dann aber auch wieder zu wenig. Und manchmal kommt es auch auf den Posten an. Verteidigungsminister sollten auch meiner Meinung nach gedient haben (allein schon, wenn man von der Truppe ernst genommen werden will) und für nen Finanz- oder Wirtschaftsminister wäre ein gestandener Volkswirt (und zwar einer, der nicht nur die Monokultur an der Uni auswendig gelernt, sondern sich breit mit verschiedenen Schulen und Theorien auseinandergesetzt hat) von Vorteil.

MinistryOfDeath
MinistryOfDeath
16.01.2023 19:00


Locust schrieb:
Viel schlimmer ist ein pauschales diffamieren ohne konkret zu werden und dann auch noch Dinge dazu zu dichten. Besser wäre Leute konkret und sachlich anzusprechen.

Zitat anzeigen



Wie man in den Wald hineinruft... Kennste, ne? Aber weil ihrs seid, komme ich deinem Wunsch natürlich gerne nach Smiley


Cody schrieb:
Du benötigst halt auch absolut null Qualifikation um es in die Politik zu schaffen. Gut, grenzdebil in die Kamera schauen und Hintern küssen um aufzusteigen hilft, aber sonst? Da sind nicht umsonst einige Experten dabei, die keinerlei Ausbildung oder Studium erfolgreich absolviert haben. Dementsprechend hat man dann solch ein Klientel in Berlin oder im Landtag sitzen.

Zitat anzeigen



Soviel zum Thema "Stammtisch-Gebrabbel". Brauch ich glaube nicht viel zu sagen, oder?


blubb0r schrieb:
Ich glaube halt vielmehr, dass es in unserem Politbetrieb generell an fähigen Leuten mangelt. War bei der Wahl auch schon so, dass ich keiner Partei und keinem Kandidaten auch nur ansatzweise es zugetraut habe, die Probleme unserer Zeit zu lösen.
Gibt überall gute Leute (Lars Klingbeil, Konstantin Kuhle, Roderich Kiesewetter, Habeck), aber halt auch genauso viele absolute Vollgraupen.

Zitat anzeigen



Halte ich für ne steile These. Der gedankliche Fehler ist, dass in den Medien halt vorrangig über die Verfehlungen Einzelner debattiert wird. Meine Erfahrung ist, dass die meisten Politiker einen sehr guten Job machen.


Gerry schrieb:
Leider haben wir halt in der deutschen Politik nicht die Möglichkeit Leute Minister werden zu lassen, die auch Ahnung davon haben, z.B. jemanden, der wirklich in der Bundeswehr gedient hat und somit Erfahrung hat. Genauso verhält es sich in den andern Ressorts.

Zitat anzeigen



Deshalb haben wir auch einen promovierten Arzt als Gesundheitsminister. Außerdem geht es, wie Locust richtigerweise angemerkt hat, bei einem Ministerposten weniger um die Fachexpertise, sondern mehr um Führungsqualitäten. Auch hier ist unser Gesundheitsminister ein gutes Beispiel.


Locust schrieb:
Das große Problem ist allerdings, dass sowohl in Politik wie auch unter den Pädagogen die Bezahlung und der Ansporn vergleichsweise gering ist, deshalb vermutlich auch oft der Zusammenhang.

Im Grunde braucht man in Politik und auch bei den Lehrkräften die hellsten Köpfe und fähige Menschen, allerdings tuen sich das von denen viele von vorne rein nicht an, da man in der Wirtschaft hinsichtlich Erfolg und Verdienst ganz andere Möglichkeit hat. So führt dies dazu dass die Qualität oft leidet.......

Gute Leute hast du dann v.a. wenn diese das mit Leidenschaft und aus Überzeugung tun, diese gibt es natürlich auch, aber halt nicht durch die Bank.

Zitat anzeigen



Halte ich auch für einen Trugschluss, zumindest ab einem gewissen Gehalt, das weit unter dem eines Bundestagsabgeordneten liegt. Mehr Bezahlung führt in den seltensten Fällen auch gleichzeitig zu besserer Qualität. Menschen wechseln nicht des Geldes wegen in die Politik, sondern aus Überzeugung, weil sie Dinge bewegen wollen.


blubb0r schrieb:
Ja, ich bin politikverdrossen, steh ich zu. Und jetzt? Ich glaube auch nicht, dass die Demokratie uns in unseren Krisensituationen helfen wird - will ich sie deswegen abschaffen? Auf gar keinen Fall.

Zitat anzeigen



Mein herzliches Beileid... Ne, aber mal ernsthaft. Es ist wichtig, Dinge nicht immer so negativ zu sehen. Fällt mir selbst auch oft schwer. Aber sonst läuft man Gefahr, dass daraus ein selbsterfüllende Prophezeiung wird.

@Rhapsode: Sehr schöner differenzierter Beitrag Smiley Das ist die Qualität, die ich aus diesem Forum gewöhnt bin.

Locust
16.01.2023 20:17·  Bearbeitet

geht doch.

Zur These, dass man ab 70T€ nicht mehr groß mit Geld motiviert werden kann so kenne ich diese Studie, zumindest das Ergebnis.

Ich teile das durchaus ein Stückweit aber nicht pauschal, da viele damit doch nicht zufrieden sind. Zudem habe ich es nicht nur auf Geld bezogen warum Helle Köpfe lieber die Wirtschaft vorziehen. Allerdings ist Motivation durchaus ein guter Faktor und der Anfang dürfte öfter darüber gehen weil man ja nicht als Berufspolitiker startet.

KuekenMcNugget
KuekenMcNugget
17.01.2023 10:34·  Bearbeitet

Könnt ihr mich vielleicht aufklären, um welche Studie es genau geht?
Denn ich kenne nur diese Studie: how money affects happiness. Diese Studie sagt jedoch nur etwas über das Glücksempfinden und nichts über die Motivation aus eine Position mit einem höheren Gehalt anzustreben. Das sind meiner Ansicht nach zwei paar Schuhe. Menschen tun 1000 Dinge die sie nachweislich nicht glücklicher machen und dennoch werden sie zu Hauf getan.

Und selbst die Ergebnisse der oben genannten Studie werden von einigen Wissenschaftlern angezweifelt. z.B. von dem Psychologen Matthew Killingsworth

Falls ihr von einer anderen Studie redet, lasst es mich wissen.

Ich denke daher auch weiterhin, dass Geld ein sehr großer Motivator für eine gewisse Position sein kann. Auch wenn die jeweiligen Personen dadurch nicht "glücklicher" sind, als Personen mit einem geringeren Einkommen.

Icon2ralf321und anderen gefällt das
Yertle-the-Turtle
17.01.2023 10:49

In München bist du mit 70k definitiv nicht am Ende deiner Glückseligkeit angelangt Smiley

Gerry
17.01.2023 15:21


Yertle-the-Turtle schrieb:
In München bist du mit 70k definitiv nicht am Ende deiner Glückseligkeit angelangt Smiley

Zitat anzeigen


willkommen in der sog. Mittelschicht! Smiley

Icon2defpround anderen gefällt das
Mambo
17.01.2023 15:43·  Bearbeitet


Rhapsode schrieb:
Ich persönlich steh da immer etwas zwischen den Stühlen:

Erstmal grundsätzlich: Ich glaube persönlich, dass es in diesem Land - um Pispers zu zitieren - viel weniger Politikverdrossenheit als Politikerverdrossenheit gibt. Das ist keine semantische Spielerei, sondern ein extrem wichtiger Unterschied, der nicht genug betont sein könnte.

Dann glaube ich, dass es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt ganz heftige Probleme gibt, diese jeweils nur in anderen Bereichen ausgeprägt sind. Sehr viele Leute - ich häufig auch - neigen dazu, immer das nicht Funktionierende, das Fehlende, das Negative fokussiert in den Blick zu nehmen, dagegen die Sachen, die super laufen, für selbstverständlich zu halten. Ich will damit nicht anregen, Dinge unnötig schön zu reden, sondern eine kritische Distanz zum eigenen Pessimismus und Weltschmerz grundsätzlich einzunehmen.

Einerseits habe ich vor dem Berufsstand des Politikers hohen Respekt. Ich weiß nämlich - und da reichen mir schon meine eigenen Mikroerfahrungen aus dem Bereich der Hochschulpolitik, warum ich genau das selbst nie machen wollen würde. Einerseits aus externen Gründen (negative Kritik überwiegt unabhängig von dem, was man macht, in der Regel aus o.g. Gründen), als auch vor allem aus internen Gründen, die damit zusammenhängen, dass Entscheidungen häufig nicht gemeinsam auf rationaler Basis getroffen werden, sondern aus vielen anderen, meiner Meinung nach nachrangigen Gründen, und das muss man erstmal verdauen können.
Ich glaube auch nicht, dass unsere Politiker unfähig, doof oder wie auch immer unterdurchschnittlich sind. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auch nur einen Donald Trump in ner annähernd wichtigen Position haben.

Andererseits glaube ich schlichtweg, dass unsere Politiker allzu häufig nicht couragiert genug sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Deswegen kommt auch häufig dieses Bild vom Verwalten der Zustände auf. Der Grund liegt darin, dass zwar viele von ihnen häufig unangebracht ideologisch sind, aber nicht an der einen entscheidenden Stelle ideologisch genug, das zu tun, was man wirklich für richtig hält, gerade dann, wenn ein Verlust von Wählerstimmen dadurch droht. Und selbst wenn doch, verhindern verfestigte Strukturen in den Parteien dies gern mal. Ich finde man sieht das auch wunderbar an der Sprache sehr vieler Politiker: Bloß nicht anecken, möglichst inhaltsloses Zeug reden, womit man sich jedenfalls nicht angreifbar macht etc. Mir kommt es beizeiten so vor, als ob das durch die Social Media Entwicklung mit verursacht wurde.
Wer das nicht nachvollziehen kann: Tut euch mal den Gefallen und schaut euch mal Elefantenrunden bzw. Kanzlerduelle der letzten ein zwei Wahlen und im Vergleich dazu die Runden aus den 70/80ern an, die man auf YT in voller Länge noch finden kann an. Nicht nur die Politiker haben damals inhaltlich ganz anders geredet, auch die Fragensteller gingen viel mehr in die Tiefe. Passend dazu auch die Art, wie Zeitungsartikel früher und heute geschrieben wurden. Die Gründe dafür sind recht offensichtlich.

Hinzu kommt auch die Korruption, die wir leider immer noch viel zu schlecht bekämpfen. Man sollte aber hierbei nicht unnötig pauschalisieren. Nur weil 100 mal über Scheuer oder Spahn berichtet wurde, betrifft das noch immer keine 100 Politiker.

Im Übrigen halte ich die Fachkompetenz von Ministern für recht überbewertet, da werden meist ganz andere Qualifikationen benötigt. Komplett fachfremd ist mir dann aber auch wieder zu wenig. Und manchmal kommt es auch auf den Posten an. Verteidigungsminister sollten auch meiner Meinung nach gedient haben (allein schon, wenn man von der Truppe ernst genommen werden will) und für nen Finanz- oder Wirtschaftsminister wäre ein gestandener Volkswirt (und zwar einer, der nicht nur die Monokultur an der Uni auswendig gelernt, sondern sich breit mit verschiedenen Schulen und Theorien auseinandergesetzt hat) von Vorteil.

Zitat anzeigen


Top Beitrag!

Dass kaum mehr jemand trotz ausrechenbarer Stimmverluste für Überzeugungen einsteht, ist auch mein Hauptkritikpunkt.

Aber Politik wird spätestens seit Merkel eben extrem genau und kurzfristig an aktuellen Umfragen ausgerichtet.

Und deswegen find ich die hörbare Politikerkritik auch oft zu einfach:

Wenn du mich fragst, kriegen wir schlicht die Politiker, die wir wollen. Was warn denn mit die Hauptempörer der letzten Jahre in Deutschland? U.a. Spiegels Urlaub, Laschets Lachen, Habecks Insolvenz-Gestammel. Mal kams mir politisch gelegen und mal nicht - aber für mich einfach alles völlig unwichtige Ereignisse, wenn ich Wahlentscheidungen treffe.

Ein Land, das politisch keine wichtigeren Punkte hat, als über Anne Spiegel herfzufallen als hätte sie Hochverrat begangen, weil sie ihren Urlaub in einer familiären Extremsituation trotz Flut nicht abgebrochen hat oder auch ein dämliches Laschet-Lachen zur entscheidenden Situation einer Bundestagswahl hochhebt (und nicht seine Politik!) oder Habeck 3 Wochen fertigmacht weil er im Talkshow-Adrenalin eine sachlich nicht mal falsche, aber dumm klingende Ausdrucksweise zu Insolvenzen wählt...das kriegt dann eben auch Politiker, die garnix mehr sagen, nur noch aalglatt Phrasen dreschen oder einfach andere Fragen beantworten als gestellt wurden.

Da kann man sich dann super über Scheuers unfassbar dreistes Fehler-Leugnen oder die Scholz-Kommunikation zu Cum-Ex aufregen.
Aber es ist eben scheinbar das was Deutschland will, denn damit kommt man durch und mit einer menschlicheren Vorgehensweise, die auch mal Fehler eingesteht, eben nicht.

Soll nicht mal heissen, dass die nicht trotzdem teils inhaltlich gute Politik machen...aber vieles was an Politikern kritisiert wird, schaffen wir als Gesellschaft einfach selbst.

Roggan29
Roggan29
17.01.2023 16:40


Yertle-the-Turtle schrieb:
In München bist du mit 70k definitiv nicht am Ende deiner Glückseligkeit angelangt Smiley

Zitat anzeigen


Zumindest in der verlinkten Studie mit den Glücksgefühlen ging es um 75k Netto, nicht Brutto.
Da dürfte dann auch ein Münchener zufrieden sein Smiley

Icon1Mambo gefällt das
Rhapsode
Rhapsode
17.01.2023 17:44


Mambo schrieb:


Rhapsode schrieb:
Ich persönlich steh da immer etwas zwischen den Stühlen:

Erstmal grundsätzlich: Ich glaube persönlich, dass es in diesem Land - um Pispers zu zitieren - viel weniger Politikverdrossenheit als Politikerverdrossenheit gibt. Das ist keine semantische Spielerei, sondern ein extrem wichtiger Unterschied, der nicht genug betont sein könnte.

Dann glaube ich, dass es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt ganz heftige Probleme gibt, diese jeweils nur in anderen Bereichen ausgeprägt sind. Sehr viele Leute - ich häufig auch - neigen dazu, immer das nicht Funktionierende, das Fehlende, das Negative fokussiert in den Blick zu nehmen, dagegen die Sachen, die super laufen, für selbstverständlich zu halten. Ich will damit nicht anregen, Dinge unnötig schön zu reden, sondern eine kritische Distanz zum eigenen Pessimismus und Weltschmerz grundsätzlich einzunehmen.

Einerseits habe ich vor dem Berufsstand des Politikers hohen Respekt. Ich weiß nämlich - und da reichen mir schon meine eigenen Mikroerfahrungen aus dem Bereich der Hochschulpolitik, warum ich genau das selbst nie machen wollen würde. Einerseits aus externen Gründen (negative Kritik überwiegt unabhängig von dem, was man macht, in der Regel aus o.g. Gründen), als auch vor allem aus internen Gründen, die damit zusammenhängen, dass Entscheidungen häufig nicht gemeinsam auf rationaler Basis getroffen werden, sondern aus vielen anderen, meiner Meinung nach nachrangigen Gründen, und das muss man erstmal verdauen können.
Ich glaube auch nicht, dass unsere Politiker unfähig, doof oder wie auch immer unterdurchschnittlich sind. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auch nur einen Donald Trump in ner annähernd wichtigen Position haben.

Andererseits glaube ich schlichtweg, dass unsere Politiker allzu häufig nicht couragiert genug sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Deswegen kommt auch häufig dieses Bild vom Verwalten der Zustände auf. Der Grund liegt darin, dass zwar viele von ihnen häufig unangebracht ideologisch sind, aber nicht an der einen entscheidenden Stelle ideologisch genug, das zu tun, was man wirklich für richtig hält, gerade dann, wenn ein Verlust von Wählerstimmen dadurch droht. Und selbst wenn doch, verhindern verfestigte Strukturen in den Parteien dies gern mal. Ich finde man sieht das auch wunderbar an der Sprache sehr vieler Politiker: Bloß nicht anecken, möglichst inhaltsloses Zeug reden, womit man sich jedenfalls nicht angreifbar macht etc. Mir kommt es beizeiten so vor, als ob das durch die Social Media Entwicklung mit verursacht wurde.
Wer das nicht nachvollziehen kann: Tut euch mal den Gefallen und schaut euch mal Elefantenrunden bzw. Kanzlerduelle der letzten ein zwei Wahlen und im Vergleich dazu die Runden aus den 70/80ern an, die man auf YT in voller Länge noch finden kann an. Nicht nur die Politiker haben damals inhaltlich ganz anders geredet, auch die Fragensteller gingen viel mehr in die Tiefe. Passend dazu auch die Art, wie Zeitungsartikel früher und heute geschrieben wurden. Die Gründe dafür sind recht offensichtlich.

Hinzu kommt auch die Korruption, die wir leider immer noch viel zu schlecht bekämpfen. Man sollte aber hierbei nicht unnötig pauschalisieren. Nur weil 100 mal über Scheuer oder Spahn berichtet wurde, betrifft das noch immer keine 100 Politiker.

Im Übrigen halte ich die Fachkompetenz von Ministern für recht überbewertet, da werden meist ganz andere Qualifikationen benötigt. Komplett fachfremd ist mir dann aber auch wieder zu wenig. Und manchmal kommt es auch auf den Posten an. Verteidigungsminister sollten auch meiner Meinung nach gedient haben (allein schon, wenn man von der Truppe ernst genommen werden will) und für nen Finanz- oder Wirtschaftsminister wäre ein gestandener Volkswirt (und zwar einer, der nicht nur die Monokultur an der Uni auswendig gelernt, sondern sich breit mit verschiedenen Schulen und Theorien auseinandergesetzt hat) von Vorteil.

Zitat anzeigen


Top Beitrag!

Dass kaum mehr jemand trotz ausrechenbarer Stimmverluste für Überzeugungen einsteht, ist auch mein Hauptkritikpunkt.

Aber Politik wird spätestens seit Merkel eben extrem genau und kurzfristig an aktuellen Umfragen ausgerichtet.

Und deswegen find ich die hörbare Politikerkritik auch oft zu einfach:

Wenn du mich fragst, kriegen wir schlicht die Politiker, die wir wollen. Was warn denn mit die Hauptempörer der letzten Jahre in Deutschland? U.a. Spiegels Urlaub, Laschets Lachen, Habecks Insolvenz-Gestammel. Mal kams mir politisch gelegen und mal nicht - aber für mich einfach alles völlig unwichtige Ereignisse, wenn ich Wahlentscheidungen treffe.

Ein Land, das politisch keine wichtigeren Punkte hat, als über Anne Spiegel herfzufallen als hätte sie Hochverrat begangen, weil sie ihren Urlaub in einer familiären Extremsituation trotz Flut nicht abgebrochen hat oder auch ein dämliches Laschet-Lachen zur entscheidenden Situation einer Bundestagswahl hochhebt (und nicht seine Politik!) oder Habeck 3 Wochen fertigmacht weil er im Talkshow-Adrenalin eine sachlich nicht mal falsche, aber dumm klingende Ausdrucksweise zu Insolvenzen wählt...das kriegt dann eben auch Politiker, die garnix mehr sagen, nur noch aalglatt Phrasen dreschen oder einfach andere Fragen beantworten als gestellt wurden.

Da kann man sich dann super über Scheuers unfassbar dreistes Fehler-Leugnen oder die Scholz-Kommunikation zu Cum-Ex aufregen.
Aber es ist eben scheinbar das was Deutschland will, denn damit kommt man durch und mit einer menschlicheren Vorgehensweise, die auch mal Fehler eingesteht, eben nicht.

Soll nicht mal heissen, dass die nicht trotzdem teils inhaltlich gute Politik machen...aber vieles was an Politikern kritisiert wird, schaffen wir als Gesellschaft einfach selbst.

Zitat anzeigen


Ich stimme allem völlig zu, möchte aber noch ergänzen, dass die Betrachtung Bevölkerung Politiker allein noch etwas oberflächlich ist, sondern man muss zusätzlich den Einfluss der Medien betrachten. Die Medienwelt ist nicht einmal mehr im Ansatz zu vergleichen mit der Zeit vor 50 Jahren. Und da braucht man gar nicht allein auf die Bild oder Privatsender wie RTL verweisen (die natürlich erst recht), sondern auch dort, wo es ja angeblich seriös zugeht. Wenn ich heute Artikel auf SPON, ZON, Süddeutsche, FAZ, TAZ etc. lese, dann stelle ich fest, dass zumindest gefühlt nur noch maximal 30% nackte Tatsachenberichte sind, der Rest hingegen meist aus Kommentaren besteht, die jeder Abiturient so verfassen könnte, gern auch mal mit viel Empörung, Arroganz, Abwertung anderer Meinungen u.ä. gewürzt.

Die Frage, ob das so ist, weil die Leute sowas gern lesen, oder ob die Leute gern sowas lesen, weil es inzwischen so normal ist, dass sie dauernd damit konfrontiert werden und sich daran gewöhnen und anpassen, ist die Henne-Ei-Frage. Jedenfalls beeinflusst diese Art der Berichterstattung auch die Politiker, die sich immer strategisch orientieren. Ich glaube, wenn ich in irgend einer wichtigen Position Zeitungsinterviews geben müsste, wäre ich regelmäßig damit beschäftigt, nen guten Teil der Fragen mit der Gegenfrage zu beantworten, welchen Zweck diese jetzt gerade verfolgen sollen.

So wie ich das im privaten Mediensektor zwar nicht gutheiße, aber zumindest ökonomisch verstehe, so bin ich dagegen umso erstaunter, was die öffentlich-rechtlichen Sender, die diesen Druck nicht haben, fabrizieren. Ganz besonders gilt das für die Talkshows auf den Hauptsendern, die man nur noch als komplette Volksverblödung - finanziert durch das Volk selbst - bezeichnen kann und auch muss. Das schlimme ist: Bei ner RTL- oder Sat1-Talkshow wissen ja die meisten Leute, dass das Trash ist und die Themen sind ja meist privat (gewesen? Keine Ahnung, ob es Formate wie Britt etc. noch gibt), bei ner Sendung der ARD oder des ZDF erwartet man hingegen Seriösität. Das alles hat Auswirkungen auf die Gesellschaft, und ich glaube, ein guter Teil der von dir angesprochenen Phänomene hängt auch mit diesem ganzen Komplex zusammen.

Ich bin ausgesprochen großer Fan vom ehemaligen BGH-Richter Thomas Fischer. Dieser war vor Jahren einmal zu Gast bei Maischberger und hat seine Erlebnisse dort in einer Kolumne verarbeitet, die nicht nur diese eine Sendung, sondern das ganze Prinzip der öffentlich-rechtlichen Talkshows (bis auf tatsächlich gute Formate auf Spartensendern wie Phoenix, etwa Phoenix-Runde oder Presseclub) beschreibt:

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-02/polizei-wir-pruegelknaben-fischer-im-recht/komplettansicht

Die Sendung selbst (die einzige solche Sendung, die mal nach meinen Wünschen richtig auseinandergenommen wurde), kann man auch noch finden:

blubb0r
17.01.2023 18:24·  Bearbeitet


Mambo schrieb:


Rhapsode schrieb:
Ich persönlich steh da immer etwas zwischen den Stühlen:

Erstmal grundsätzlich: Ich glaube persönlich, dass es in diesem Land - um Pispers zu zitieren - viel weniger Politikverdrossenheit als Politikerverdrossenheit gibt. Das ist keine semantische Spielerei, sondern ein extrem wichtiger Unterschied, der nicht genug betont sein könnte.

Dann glaube ich, dass es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt ganz heftige Probleme gibt, diese jeweils nur in anderen Bereichen ausgeprägt sind. Sehr viele Leute - ich häufig auch - neigen dazu, immer das nicht Funktionierende, das Fehlende, das Negative fokussiert in den Blick zu nehmen, dagegen die Sachen, die super laufen, für selbstverständlich zu halten. Ich will damit nicht anregen, Dinge unnötig schön zu reden, sondern eine kritische Distanz zum eigenen Pessimismus und Weltschmerz grundsätzlich einzunehmen.

Einerseits habe ich vor dem Berufsstand des Politikers hohen Respekt. Ich weiß nämlich - und da reichen mir schon meine eigenen Mikroerfahrungen aus dem Bereich der Hochschulpolitik, warum ich genau das selbst nie machen wollen würde. Einerseits aus externen Gründen (negative Kritik überwiegt unabhängig von dem, was man macht, in der Regel aus o.g. Gründen), als auch vor allem aus internen Gründen, die damit zusammenhängen, dass Entscheidungen häufig nicht gemeinsam auf rationaler Basis getroffen werden, sondern aus vielen anderen, meiner Meinung nach nachrangigen Gründen, und das muss man erstmal verdauen können.
Ich glaube auch nicht, dass unsere Politiker unfähig, doof oder wie auch immer unterdurchschnittlich sind. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auch nur einen Donald Trump in ner annähernd wichtigen Position haben.

Andererseits glaube ich schlichtweg, dass unsere Politiker allzu häufig nicht couragiert genug sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Deswegen kommt auch häufig dieses Bild vom Verwalten der Zustände auf. Der Grund liegt darin, dass zwar viele von ihnen häufig unangebracht ideologisch sind, aber nicht an der einen entscheidenden Stelle ideologisch genug, das zu tun, was man wirklich für richtig hält, gerade dann, wenn ein Verlust von Wählerstimmen dadurch droht. Und selbst wenn doch, verhindern verfestigte Strukturen in den Parteien dies gern mal. Ich finde man sieht das auch wunderbar an der Sprache sehr vieler Politiker: Bloß nicht anecken, möglichst inhaltsloses Zeug reden, womit man sich jedenfalls nicht angreifbar macht etc. Mir kommt es beizeiten so vor, als ob das durch die Social Media Entwicklung mit verursacht wurde.
Wer das nicht nachvollziehen kann: Tut euch mal den Gefallen und schaut euch mal Elefantenrunden bzw. Kanzlerduelle der letzten ein zwei Wahlen und im Vergleich dazu die Runden aus den 70/80ern an, die man auf YT in voller Länge noch finden kann an. Nicht nur die Politiker haben damals inhaltlich ganz anders geredet, auch die Fragensteller gingen viel mehr in die Tiefe. Passend dazu auch die Art, wie Zeitungsartikel früher und heute geschrieben wurden. Die Gründe dafür sind recht offensichtlich.

Hinzu kommt auch die Korruption, die wir leider immer noch viel zu schlecht bekämpfen. Man sollte aber hierbei nicht unnötig pauschalisieren. Nur weil 100 mal über Scheuer oder Spahn berichtet wurde, betrifft das noch immer keine 100 Politiker.

Im Übrigen halte ich die Fachkompetenz von Ministern für recht überbewertet, da werden meist ganz andere Qualifikationen benötigt. Komplett fachfremd ist mir dann aber auch wieder zu wenig. Und manchmal kommt es auch auf den Posten an. Verteidigungsminister sollten auch meiner Meinung nach gedient haben (allein schon, wenn man von der Truppe ernst genommen werden will) und für nen Finanz- oder Wirtschaftsminister wäre ein gestandener Volkswirt (und zwar einer, der nicht nur die Monokultur an der Uni auswendig gelernt, sondern sich breit mit verschiedenen Schulen und Theorien auseinandergesetzt hat) von Vorteil.

Zitat anzeigen


Top Beitrag!

Dass kaum mehr jemand trotz ausrechenbarer Stimmverluste für Überzeugungen einsteht, ist auch mein Hauptkritikpunkt.

Aber Politik wird spätestens seit Merkel eben extrem genau und kurzfristig an aktuellen Umfragen ausgerichtet.

Und deswegen find ich die hörbare Politikerkritik auch oft zu einfach:

Wenn du mich fragst, kriegen wir schlicht die Politiker, die wir wollen. Was warn denn mit die Hauptempörer der letzten Jahre in Deutschland? U.a. Spiegels Urlaub, Laschets Lachen, Habecks Insolvenz-Gestammel. Mal kams mir politisch gelegen und mal nicht - aber für mich einfach alles völlig unwichtige Ereignisse, wenn ich Wahlentscheidungen treffe.

Ein Land, das politisch keine wichtigeren Punkte hat, als über Anne Spiegel herfzufallen als hätte sie Hochverrat begangen, weil sie ihren Urlaub in einer familiären Extremsituation trotz Flut nicht abgebrochen hat oder auch ein dämliches Laschet-Lachen zur entscheidenden Situation einer Bundestagswahl hochhebt (und nicht seine Politik!) oder Habeck 3 Wochen fertigmacht weil er im Talkshow-Adrenalin eine sachlich nicht mal falsche, aber dumm klingende Ausdrucksweise zu Insolvenzen wählt...das kriegt dann eben auch Politiker, die garnix mehr sagen, nur noch aalglatt Phrasen dreschen oder einfach andere Fragen beantworten als gestellt wurden.

Da kann man sich dann super über Scheuers unfassbar dreistes Fehler-Leugnen oder die Scholz-Kommunikation zu Cum-Ex aufregen.
Aber es ist eben scheinbar das was Deutschland will, denn damit kommt man durch und mit einer menschlicheren Vorgehensweise, die auch mal Fehler eingesteht, eben nicht.

Soll nicht mal heissen, dass die nicht trotzdem teils inhaltlich gute Politik machen...aber vieles was an Politikern kritisiert wird, schaffen wir als Gesellschaft einfach selbst.

Zitat anzeigen


Die Beispiele von dir (CumEx bspw.) sind ja auch keine "leichten Themen".
Du siehst doch auch an solchen Dingen wie Winnetou, Layla und dem Gendern, dass wir als Gesellschaft uns gerne auf "leichte Themen" konzentrieren, wo jeder mitreden kann.

Das kann man bei Wirecard nicht, das kann man bei CumEx nicht, das kann man auch beim Klima nicht. Auch hier, mir kann keiner erzählen, dass die Leute hier ein breites Wissen über alle bisher bekannten Kipppunkte, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und Energiepolitik, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und auch so Themen wie dem globalen Bevölkerungswachstum und Ressourcenverbrauch (Wasserknappheit!!!!!) haben.
Und ganz ehrlich: dass traue ich auch 99,999% der FFF Leute nicht zu.

Trotzdem will jeder mitreden - mich eingeschlossen.

Deswegen müssen die Diskussionen auf einer massentauglichen Flughöhe stattfinden. Dann regen sich trotzdem Leute genau über diese Flughöhe auf.

edit:
Ich bin auch ganz "froh", dass man bei einigen Dingen nicht die Wahrheit gesagt bekommt, denn sonst wäre die Stimmung eine ganz andere - oder glaubt hier ernsthaft irgendjemand von euch, dass das Rentensystem für die Generation U40 oder spätestens U30 funktionieren wird?!
Spoiler: wird es nicht, es sei denn, du arbeitest bis du 72 bist

Icon1Mambo gefällt das
Rhapsode
Rhapsode
17.01.2023 19:00


blubb0r schrieb:


Mambo schrieb:


Rhapsode schrieb:
Ich persönlich steh da immer etwas zwischen den Stühlen:

Erstmal grundsätzlich: Ich glaube persönlich, dass es in diesem Land - um Pispers zu zitieren - viel weniger Politikverdrossenheit als Politikerverdrossenheit gibt. Das ist keine semantische Spielerei, sondern ein extrem wichtiger Unterschied, der nicht genug betont sein könnte.

Dann glaube ich, dass es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt ganz heftige Probleme gibt, diese jeweils nur in anderen Bereichen ausgeprägt sind. Sehr viele Leute - ich häufig auch - neigen dazu, immer das nicht Funktionierende, das Fehlende, das Negative fokussiert in den Blick zu nehmen, dagegen die Sachen, die super laufen, für selbstverständlich zu halten. Ich will damit nicht anregen, Dinge unnötig schön zu reden, sondern eine kritische Distanz zum eigenen Pessimismus und Weltschmerz grundsätzlich einzunehmen.

Einerseits habe ich vor dem Berufsstand des Politikers hohen Respekt. Ich weiß nämlich - und da reichen mir schon meine eigenen Mikroerfahrungen aus dem Bereich der Hochschulpolitik, warum ich genau das selbst nie machen wollen würde. Einerseits aus externen Gründen (negative Kritik überwiegt unabhängig von dem, was man macht, in der Regel aus o.g. Gründen), als auch vor allem aus internen Gründen, die damit zusammenhängen, dass Entscheidungen häufig nicht gemeinsam auf rationaler Basis getroffen werden, sondern aus vielen anderen, meiner Meinung nach nachrangigen Gründen, und das muss man erstmal verdauen können.
Ich glaube auch nicht, dass unsere Politiker unfähig, doof oder wie auch immer unterdurchschnittlich sind. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auch nur einen Donald Trump in ner annähernd wichtigen Position haben.

Andererseits glaube ich schlichtweg, dass unsere Politiker allzu häufig nicht couragiert genug sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Deswegen kommt auch häufig dieses Bild vom Verwalten der Zustände auf. Der Grund liegt darin, dass zwar viele von ihnen häufig unangebracht ideologisch sind, aber nicht an der einen entscheidenden Stelle ideologisch genug, das zu tun, was man wirklich für richtig hält, gerade dann, wenn ein Verlust von Wählerstimmen dadurch droht. Und selbst wenn doch, verhindern verfestigte Strukturen in den Parteien dies gern mal. Ich finde man sieht das auch wunderbar an der Sprache sehr vieler Politiker: Bloß nicht anecken, möglichst inhaltsloses Zeug reden, womit man sich jedenfalls nicht angreifbar macht etc. Mir kommt es beizeiten so vor, als ob das durch die Social Media Entwicklung mit verursacht wurde.
Wer das nicht nachvollziehen kann: Tut euch mal den Gefallen und schaut euch mal Elefantenrunden bzw. Kanzlerduelle der letzten ein zwei Wahlen und im Vergleich dazu die Runden aus den 70/80ern an, die man auf YT in voller Länge noch finden kann an. Nicht nur die Politiker haben damals inhaltlich ganz anders geredet, auch die Fragensteller gingen viel mehr in die Tiefe. Passend dazu auch die Art, wie Zeitungsartikel früher und heute geschrieben wurden. Die Gründe dafür sind recht offensichtlich.

Hinzu kommt auch die Korruption, die wir leider immer noch viel zu schlecht bekämpfen. Man sollte aber hierbei nicht unnötig pauschalisieren. Nur weil 100 mal über Scheuer oder Spahn berichtet wurde, betrifft das noch immer keine 100 Politiker.

Im Übrigen halte ich die Fachkompetenz von Ministern für recht überbewertet, da werden meist ganz andere Qualifikationen benötigt. Komplett fachfremd ist mir dann aber auch wieder zu wenig. Und manchmal kommt es auch auf den Posten an. Verteidigungsminister sollten auch meiner Meinung nach gedient haben (allein schon, wenn man von der Truppe ernst genommen werden will) und für nen Finanz- oder Wirtschaftsminister wäre ein gestandener Volkswirt (und zwar einer, der nicht nur die Monokultur an der Uni auswendig gelernt, sondern sich breit mit verschiedenen Schulen und Theorien auseinandergesetzt hat) von Vorteil.

Zitat anzeigen


Top Beitrag!

Dass kaum mehr jemand trotz ausrechenbarer Stimmverluste für Überzeugungen einsteht, ist auch mein Hauptkritikpunkt.

Aber Politik wird spätestens seit Merkel eben extrem genau und kurzfristig an aktuellen Umfragen ausgerichtet.

Und deswegen find ich die hörbare Politikerkritik auch oft zu einfach:

Wenn du mich fragst, kriegen wir schlicht die Politiker, die wir wollen. Was warn denn mit die Hauptempörer der letzten Jahre in Deutschland? U.a. Spiegels Urlaub, Laschets Lachen, Habecks Insolvenz-Gestammel. Mal kams mir politisch gelegen und mal nicht - aber für mich einfach alles völlig unwichtige Ereignisse, wenn ich Wahlentscheidungen treffe.

Ein Land, das politisch keine wichtigeren Punkte hat, als über Anne Spiegel herfzufallen als hätte sie Hochverrat begangen, weil sie ihren Urlaub in einer familiären Extremsituation trotz Flut nicht abgebrochen hat oder auch ein dämliches Laschet-Lachen zur entscheidenden Situation einer Bundestagswahl hochhebt (und nicht seine Politik!) oder Habeck 3 Wochen fertigmacht weil er im Talkshow-Adrenalin eine sachlich nicht mal falsche, aber dumm klingende Ausdrucksweise zu Insolvenzen wählt...das kriegt dann eben auch Politiker, die garnix mehr sagen, nur noch aalglatt Phrasen dreschen oder einfach andere Fragen beantworten als gestellt wurden.

Da kann man sich dann super über Scheuers unfassbar dreistes Fehler-Leugnen oder die Scholz-Kommunikation zu Cum-Ex aufregen.
Aber es ist eben scheinbar das was Deutschland will, denn damit kommt man durch und mit einer menschlicheren Vorgehensweise, die auch mal Fehler eingesteht, eben nicht.

Soll nicht mal heissen, dass die nicht trotzdem teils inhaltlich gute Politik machen...aber vieles was an Politikern kritisiert wird, schaffen wir als Gesellschaft einfach selbst.

Zitat anzeigen


Die Beispiele von dir (CumEx bspw.) sind ja auch keine "leichten Themen".
Du siehst doch auch an solchen Dingen wie Winnetou, Layla und dem Gendern, dass wir als Gesellschaft uns gerne auf "leichte Themen" konzentrieren, wo jeder mitreden kann.

Das kann man bei Wirecard nicht, das kann man bei CumEx nicht, das kann man auch beim Klima nicht. Auch hier, mir kann keiner erzählen, dass die Leute hier ein breites Wissen über alle bisher bekannten Kipppunkte, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und Energiepolitik, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und auch so Themen wie dem globalen Bevölkerungswachstum und Ressourcenverbrauch (Wasserknappheit!!!!!) haben.
Und ganz ehrlich: dass traue ich auch 99,999% der FFF Leute nicht zu.

Trotzdem will jeder mitreden - mich eingeschlossen.

Deswegen müssen die Diskussionen auf einer massentauglichen Flughöhe stattfinden. Dann regen sich trotzdem Leute genau über diese Flughöhe auf.


edit:
Ich bin auch ganz "froh", dass man bei einigen Dingen nicht die Wahrheit gesagt bekommt, denn sonst wäre die Stimmung eine ganz andere - oder glaubt hier ernsthaft irgendjemand von euch, dass das Rentensystem für die Generation U40 oder spätestens U30 funktionieren wird?!
Spoiler: wird es nicht, es sei denn, du arbeitest bis du 72 bist

Zitat anzeigen


Aber genau über diese Dinge muss halt geschrieben und geredet werden. Wir haben die Aufklärung und die Aufgabe der selbstverschuldeten Unmündigkeit doch genau dafür über Jahrhunderte vorangetrieben, dachte ich. Natürlich sind die Themen erstmal komplex, deswegen braucht es einerseits gut recherchierte, andererseits möglichst zugängliche Artikel, die solche Themen aufgreifen müssen. Was man dann nicht verstanden hat, oder was noch zu hinzuzufügen oder zu korrigieren wäre, lässt sich in Diskussionen darüber dann ergänzen. Das wäre jedenfalls viel produktiver als sich darüber aufzuregen, ob jemand im falschen Moment gelacht hat, wie der oder die aussieht oder warum das Verteidigungsministerium jetzt mit einem Mann besetzt wird. Weil uns diese Themen auf Dauer in einem ungleich höheren Maße betreffen werden. Deswegen kann ich schlecht entschuldigen, dass man sich mit Zusammenhängen nicht auseinandersetzen will, nur weil sie zu erläutern die Länge eine Twitter-Postings übersteigt. Auf dieser Grundlage kann auch keine Wahlentscheidung mehr sinnvoll fußen.
Man sollte sich dabei einfach von der Vorstellung verabschieden, dass man alles zu jedem Thema wissen kann und dass man sich niemals irrt und berichtigen muss. Das ist bei niemandem so und das kann man auch nicht zum Vorwurf machen. Man kann aber zumindest eine grobe Übersicht zu vielen Themen gewinnen. Die Möglichkeiten sind heutzutage um ein Vielfaches mehr als noch vor 30 Jahren.
Das soll bitte auch nicht als Beleidigung oder sonst was gegenüber politisch Uninteressierten Leuten aufgefasst werden. Ich sehe hier in erster Linie die Medienwelt in der Bringschuld, die Themen in einer Art und Weise aufzubereiten, dass sie den Leuten zugänglicher werden (und vor allem auch mal eine grundlegende Gewichtung nach Relevanz und Abbau sinnloser Redundanzen vollzogen werden). Allgemein weniger über Symptome als über Ursachen und Lösungen sprechen, fände ich gut.

Übrigens zum Thema Rentensystem: Das ist schon direkt ein sehr gutes Beispiel für sehr viel Mystifikation und Täuschung, besonders durch entsprechende Medienberichte. Die Ursache für die Probleme, die beschrieben werden, liegt nämlich nicht in der immer wieder propagierten Alterspyramide (diese Argumentation hat es nachweislich bereits in den 50er Jahren gegeben und auch damals wurde schon der Einbruch des Systems prophezeit), sondern an der Verteilung der Produktivitätsgewinne in der Bevölkerung. Das haben Ökonomen wie Flassbeck oder Bontrup oder auch Statistiker wie Gerd Bosbach bereits vertieft dargestellt. Mal plastisch und nur exemplarisch (ohne Korrektheit der Zahlenwerte) dargestellt: Wenn vor 100 Jahren statistisch ein Mensch einen anderem durch die Produktion ernähren konnte, heute aber einer 10 andere, dann fällt die Altersverteilung nicht mehr ins Gewicht. Seit der Schröder-Zeit und den entsprechenden Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt ist es allerdings so, dass die Reallöhne (inflationsbereinigte Löhne) nicht mehr verteilungsneutral mit der Produktivität gewachsen, sondern stagniert sind. Aus der hieraus resultierenden Stagnation der inflationsbereinigten Rentenbeiträge entwächst das eigentliche Problem. Die düstere Prognose entsteht dadurch, dass sich hieran einfach nichts mehr auf absehbare Zeit ändern wird, im Gegensatz zur Altersverteilung wäre das aber zumindest im Prinzip möglich und auch besser kontrollierbar.

blubb0r
17.01.2023 19:18·  Bearbeitet

Und deine Beschreibung beim Rentensystem ist ein sehr gutes Beispiel. Da ist safe was dran, was du schreibst, aber das ist recht komplex und müsste wahrscheinlich sauber aufbereitet werden. Ich gebe zu, ich habe das nicht wirklich gecheckt (müsste wahrscheinlich die Primärquellen der von dir angeführten Personen dafür mal lesen - und zwar in Ruhe und nicht nach nem 8h Arbeitstag).

Wir sind aber durch die Mediengeselleschaft, speziell das Internet und Dinge wie TikTok und Co gar nicht mehr in der Lage, lange und komplexe Artikel zu lesen, zu sehen oder zu hören. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist dafür nicht mehr gemacht. Das bedienen unsere Medien, weil die ja auch von Klickzahlen leben. Und "leichte" und "reißerische" Themen klicken besser als lange trockene Themen.

Icon3Rhapsodeund anderen gefällt das
IvanTKlasnic
17.01.2023 20:22


Rhapsode schrieb:

So wie ich das im privaten Mediensektor zwar nicht gutheiße, aber zumindest ökonomisch verstehe, so bin ich dagegen umso erstaunter, was die öffentlich-rechtlichen Sender, die diesen Druck nicht haben, fabrizieren. Ganz besonders gilt das für die Talkshows auf den Hauptsendern, die man nur noch als komplette Volksverblödung - finanziert durch das Volk selbst - bezeichnen kann und auch muss. Das schlimme ist: Bei ner RTL- oder Sat1-Talkshow wissen ja die meisten Leute, dass das Trash ist und die Themen sind ja meist privat (gewesen? Keine Ahnung, ob es Formate wie Britt etc. noch gibt), bei ner Sendung der ARD oder des ZDF erwartet man hingegen Seriösität. Das alles hat Auswirkungen auf die Gesellschaft, und ich glaube, ein guter Teil der von dir angesprochenen Phänomene hängt auch mit diesem ganzen Komplex zusammen.

Zitat anzeigen



Das liegt halt vor allem daran, dass wir vor 30-40 Jahren angefangen haben staatliche Unternehmen, welche zumindest teilweise eigentlich einen Grundversorgungsauftrag haben, nach den selben Kriterien zu beurteilen wie private Unternehmen. Das ist bei den öffentlich-rechtlichen genauso ein großer Faktor wie z.B. bei der Bahn, wo das aber im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen immerhin ab und zu Thema ist. Das hat dann auch logischerweise zur Folge, dass sich das Programm zu einem gewissen Grad angleicht, wenn sowohl bei RTL als auch bei der ARD auf die Quote geguckt wird, Wäre weniger ein Faktor, wenn z.B. bei der ARD eher auf gesellschaftlichen Mehrwert geguckt werden würde als auf die Quote. Das heißt nicht, dass es nicht auch solche Programme bei den ÖR geben darf, also es sollte zumindest ein deutlich merklicheres Gegengewicht geben als aktuell. Die Bahn ist ja aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht ein wunderbar laufendes Unternehmen. Dass sie als Unternehmen, dass zu 100% dem Staat gehört, allerdings nicht ihrem Versorgungsauftrag vernünftig nachkommt, vor allem was nötige Investitionen in die Infrastruktur angeht, bestreitet hier glaube ich niemand.


blubb0r schrieb:

Das kann man bei Wirecard nicht, das kann man bei CumEx nicht, das kann man auch beim Klima nicht. Auch hier, mir kann keiner erzählen, dass die Leute hier ein breites Wissen über alle bisher bekannten Kipppunkte, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und Energiepolitik, die Zusammenhänge zwischen Klimapolitik und auch so Themen wie dem globalen Bevölkerungswachstum und Ressourcenverbrauch (Wasserknappheit!!!!!) haben.
Und ganz ehrlich: dass traue ich auch 99,999% der FFF Leute nicht zu.

Trotzdem will jeder mitreden - mich eingeschlossen.

Zitat anzeigen



Und das jeder mitreden möchte ist an sich auch gar kein Problem, das Problem ist eher, dass man nicht zugeben mag, wenn sich der Gegenüber mit einem Thema besser auskennt, als man selbst. Es ist wichtig, dass Leute, die sich nur bedingt mit einem Thema auskennen, laut sind, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Und da kann man gerne auf die Expertise von Anderen verweisen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass man eben dieses tut und nicht so tun, als wäre man allwissend. Zu erkennen, dass es bei einem Thema soweit in die Tiefe geht, dass man es nicht mehr wirklich versteht, ist in meinen Augen ein essenzieller Skill, den man braucht um an politischen Diskussionen teilzunehmen. Das ist weder schlimm, noch verwerflich, noch muss man seinem Gegenüber automatisch Recht geben. Man sollte immer skeptisch sein - das gilt aber auch der eigenen Meinung gegenüber. Ist doch vollkommen in Ordnung zu sagen: "hey, wir sind hier in einer Tiefe angelangt, wo ich mich nicht mehr genug auskenne, ich stehe deiner Ansicht skeptisch gegenüber, kenne mich aber nicht genug aus, um dich zu widerlegen." Das zu machen traut sich aber kaum jemand - ich habe da auch mitunter meine Schwierigkeiten mit.

Anzeige
Anzeige