15.01.2005 10:18
Gericht spricht US-Soldat Graner wegen Misshandlungen schuldig
Im Prozess um die Folter von Gefangenen im Bagdader Gefängnis Abu Ghoreib hat ein Militärgericht im texanischen Fort Hood den US-Stabsgefreiten Charles Graner am Freitag schuldig gesprochen. Der Angeklagte sei der Rädelsführer der Misshandlungen gewesen und habe Spaß an den Erniedrigungen der Häftlinge gehabt. Noch am heutigen Samstag wollen die Richter über das Strafmaß entscheiden. Graner drohen bis zu 15 Jahre Haft und die unehrenhafte Entlassung aus der Armee.
Häftlinge sadistisch behandelt
Die zehn Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass der 36-Jährige in neun von zehn Anklagepunkte schuldig ist - darunter Misshandlung, schwere Körperverletzung und unsittliche Handlungen. Graner wurde vorgeworfen, die Häftlinge mit besonderem Sadismus behandelt zu haben. Er soll sie unter anderem gezwungen haben, voreinander zu masturbieren und oralen Sex vorzuspielen. Außerdem soll er auf Gefangene gesprungen sein, auf ihren Händen herumgestampft und sie geschlagen haben. Auf den Fotos ist zu sehen, wie er grinsend und mit triumphierend hochgehaltenem Daumen neben einer Pyramide aus nackten Gefangenen steht. Er soll außerdem das berüchtigte Foto gemacht haben, auf dem die US-Soldatin Lynndie England einen nackten Gefangenen wie einen Hund an der Leine hält.
Anwalt verharmloste Misshandlungen
Graners Anwalt Guy Womack hatte die Misshandlungen verharmlost und erklärt, es sei nichts dabei, Gefangene auszuziehen, menschliche Pyramiden bilden zu lassen und wie Hunde an der Leine zu halten. Der Verteidiger behauptete außerdem, sein Mandant und die anderen Angeklagten hätten auf Befehl ihrer Vorgesetzten beim militärischen Geheimdienst gehandelt. Diese hätten verlangt, die Gefangenen für Verhöre "weich zu machen". Graner hatte auf nicht schuldig plädiert.
Eltern baten um Gnade
Bereits kurz nach dem Schuldspruch begann das Kurzverfahren, um das Strafmaß festzusetzen. Dazu hatten Anklage und Verteidigung mehrere Zeugen einberufen. Die Eltern des Angeklagten baten dabei um Gnade für ihren Sohn. Nachdem die Zeugenanhörungen abgeschlossen sind, sollten die Beratungen über das Strafmaß beginnen. Die Entscheidung liegt in den Händen derselben Jury, die den Schuldspruch fällte.
Erster Prozess in den USA
Es handelt sich um den ersten Prozess zu den Foltervorfällen, der in den USA stattfindet. Ein US-Militärgericht in Bagdad hatte drei US-Soldaten, die alle auf schuldig plädiert hatten, im vergangenen Jahr wegen der Misshandlungen zu Haftstrafen zwischen acht Monaten und acht Jahren verurteilt. Zwei weitere Soldaten müssen sich noch wegen der gleichen Vorwürfe wie Graner vor dem Militärgericht auf dem US-Stützpunkt in Fort Hood verantworten.
Hang zur Gewalttätigkeit
Graner war schon in seinem früheren Zivilleben ein Hang zur Gewalttätigkeit vorgeworfen worden, so in seiner Tätigkeit als Wärter in einem Gefängnis in Pennsylvania. Er ist der Vater des Kindes, das Lynndie England im vergangenen Oktober zur Welt brachte.
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Immer wenn ich den Verteidiger in den letzten Tagen im Fernseher gesehen habe, bin ich total agressiv geworden. Behauptet der doch tatsächlich so Pyramiden wären nix schlimmes, das würde man doch vom Cheerleading im Football kennen. Sach mal geht's noch?
[addsig]