Stuttgart 21 - oder wie weit darf Politik gehen?

eröffnet von FBG am 23.08.2010 11:51 Uhr
622 Kommentare - zuletzt von Rhapsode

FBG
23.08.2010 11:51Supporter

Hi Forum,

ich denke, der Begriff "Stuttgart 21" sollte jedem, der mindestens einmal die Woche die tagesschau oder in eine Zeitung guggt, geläufig sein. Falls nicht, bitte den Zurück-Button benutzen ....

Mir geht´s hier auch nicht nur um den Stuttgarter Hauptbahnhof - es gibt ja sowohl einige gute pro als auch gute contra-Argumente. Aber natürlich kann auch gerne darüber geschrieben/diskutiert werden Ich für meinen Teil gehöre auch eher zu den Gegner von Stuttgart 21, wobei eine Renovierung/Modernisierung dem Hauptbahnhof auch nichts schaden würde ...

Vielmehr will ich mit dem Fred ne Diskussion darüber lostreten, ob & was die Politik machen darf, ohne darüber die Leute der Stadt/der Region/des Landes gefragt zu haben.

Was da in Stuttgart momentan abgeht finde ich ziemlich beeindruckend, denn ich für meinen Teil kann mich nicht daran erinnern, dass das Volk jemals solchen Widerstand gegen die Pläne der Regierung gezeigt hat. (fyi: für die Montagsdemos mitzubekommen war ich zu jung, und bei den Anti-Irakkriegs-Demos hat die Regierung so gehandelt, wie ein Großteil des Volkes es wollte (wenn auch wegen der damals bevorstehenden Bundestagswahl)).

Natürlich gibt es auch Dinge, die eine Regierung umsetzen muss, auch wenn sie schmerzlich sind und das Volk wohl dagegen wäre. z. B die Rente mit 67 - findet niemand toll, muss aber wohl auf Grund der desolaten Haushaltslage (sie war auch schon vor der Bankenrettung desolat und wird es auch 2020, wenn die Rente mit 67 in Kraft tritt, sein) gemacht werden.

Aber sollten nicht bei solchen Projekten wie S21, die summa sumarun 7.000.000.000 € kosten (= ca. 2% des Bundeshaushaltes), nicht ein Volksentscheid durchgeführt werden?
Und wenn ja, wer soll dann abstimmen dürfen? Nur die Stuttgarter, nur die Leute aus Baden-Würtemberg oder alle Bundesbürger, denn schliesslich betrifft es auch als Saarländer meine Steuergelder?
Warum werden Volksentscheide (bzw. "Volksbegehren, aber ich finde da keinen Unterschied) beim Nichtraucher-Schutz oder der längeren Grundschulzeit durchgeführt, aber nicht bei sowas, was u.a. das Stuttgarter Erscheinungsbild massiv verändert?

@Kes, Topf, mod & die restlichen Stuttgarter hier, die sich mit dem Thema bestimmt noch besser auskennen: Wie issn das eigentlich? Der Bahnhof soll ja unter die Erde verlagert werden, aber unter der Erde verlaufen ja schon die S- & U-Bahn Schienen? Und ich glaube nicht, dass ein ICE auf S-Bahn schienen fahren kann, bzw. dass es überhaupt logitisch möglich ist, sowohl den ÖVN als auch den DB-Verkehr an einem Ort abzuwickeln.


Have fun & discus







Nachricht geändert von FBG am 23.08.2010 12:22 Uhr

Kes
Kes
23.08.2010 12:05

dann melde ich mich mal zu wort: ich befürworte den umbau!

denn wenn man sich mal die beengte lage im talkessel anschaut und die enormen brachflächen, die der kopfbahnhof mit sich bringt, dann hätte da meiner meinung nach nicht 20 jahre lang rumgefackelt, sondern das ding schon längst durchgezogen gehört. allein die mehrkosten durch das jahrelange rumgeplänkel hätte man vermeiden können, ganz zu schweigen der einsatz der polizeikräfte duch die völlig unnötigen demos, die jetzt nach dem beschluss stattfinden

meine einzigen bedenken stellen die mineralquellen dar. inwiefern diese tatsächlich nicht oder doch beeinträchtigt werden könnten, mag ich nicht zu beurteilen und hoffe, dass in diesem bereich nichts schief geht und die testbohrungen tatsächlich so aussagekräftig sind, wie von seiten der planer behauptet wird.

FBG
23.08.2010 12:22Supporter


Kes schrieb:

meine einzigen bedenken stellen die mineralquellen dar. inwiefern diese tatsächlich nicht oder doch beeinträchtigt werden könnten, mag ich nicht zu beurteilen und hoffe, dass in diesem bereich nichts schief geht und die testbohrungen tatsächlich so aussagekräftig sind, wie von seiten der planer behauptet wird.

Zitat anzeigen



aber mineralquellen habt ihr doch genug, da kommts auf eine mehr oder weniger doch nicht an


@lulu: gefixt![addsig]

Steifi
23.08.2010 12:23

Gegen den Umbau des Bahnhofs an sich hab ich nichts. Schöner Entwurf und wie Kes sagt werden Brachflächen endlich genutzt.
ABER: Das Verkehrskonzept stimmt vorne und hinten nicht. Die Neubaustrecke nach Ulm ist steiler wie die Bisherige und können nur von ICE's befahren werden. Zum Flughafen gehts für die S-Bahn dann nur noch einspurig und der Bahnhof ist mit seinen 8 Gleisen recht knapp bemessen. Ausweichstrecken wenn der S-Bahn-Tunnel mal blockiert ist fallen komplett weg.
Für 6 Milliarden Euro (wahrscheinlich noch viel mehr) erwarte ich eine Verbesserung des Nahverkehrs und Fernverkehr. Das ist hier aber nicht gegeben. Im Bestenfall bleibt die Qualität höchstens gleich wie bisher.

Und deswegen bin ich regelmäßig bei den Demos. Und außerdem: Die Kosten für die Sicherung der Demos anzuprangern ist auch blödsinn. Das ist ja mal fast nix.

alvende
23.08.2010 12:42

Warum es zu dem Thema keinen Volksentscheid gibt?
Erstens weil die Frist zur Anmeldung eines Entscheids schon seit Jahren verstrichen ist, und zweitens ist das ein Thema was zum größten Teil Stuttgarter betrifft - ich glaube nicht, dass deren Stimmen dazu reichen würden um einen Entscheid zu erzwingen.

Andererseits sehe ich Volksentscheide momentan auch etwas zwiegespalten. Ich habe das Gefühl, dass die zu einer "Alles oder nichts" Alternative werden. Was ich schade finde, denn in der Politik ist nicht ohne Grund der Kompromiss die häufigste Lösung. Bei den Entscheiden läuft es deshalb auf ein striktes "Ja" oder striktes "Nein" hinaus, dessen Folgen Otto-Normalbürger schwer abschätzen kann denk ich. Aber gerade bei solch komplexen Projekten wie Stuttgart 21 wäre ein "Ja, aber..." meiner Meinung nach angebrachter.

FBG
23.08.2010 12:53Supporter


alvende schrieb:

Andererseits sehe ich Volksentscheide momentan auch etwas zwiegespalten. Ich habe das Gefühl, dass die zu einer "Alles oder nichts" Alternative werden. Was ich schade finde, denn in der Politik ist nicht ohne Grund der Kompromiss die häufigste Lösung. Bei den Entscheiden läuft es deshalb auf ein striktes "Ja" oder striktes "Nein" hinaus, dessen Folgen Otto-Normalbürger schwer abschätzen kann denk ich. Aber gerade bei solch komplexen Projekten wie Stuttgart 21 wäre ein "Ja, aber..." meiner Meinung nach angebrachter.

Zitat anzeigen



es sagt ja niemand der dass volksentscheid-wahlzettel nur ja oder nein enthalten muss. kann ja genauso gut drauf stehen "ich stimme für vorschlag 1, 2, 3 oder bin komplett dagegen"
würde nur vorraussetzen, dass ich der wähler auch mit der materie und den vorschlägen beschäftigt [addsig]

Kes
Kes
23.08.2010 13:03


FBG schrieb:


würde nur vorraussetzen, dass ich der wähler auch mit der materie und den vorschlägen beschäftigt

Zitat anzeigen



und genau das ist der knackpunkt. es ist unglaublich, wieviele überhaupt keine ahnung haben, was vor ihrer haustür passiert bzw. die vorgefertigte meinung mancher medien ohne hinterfragen eins zu eins übernehmen

und dazu kommt ja dann wirklich noch das problem, welchen kreis man für die umfrage wählt, wie alvende schon angesprochen hat. wen in hamburg interessiert es schon, was in stuttgart von belang ist bzw. was gut für die stadt ist?[addsig]

FBG
23.08.2010 13:31Supporter


Kes schrieb:


und genau das ist der knackpunkt. es ist unglaublich, wieviele überhaupt keine ahnung haben, was vor ihrer haustür passiert bzw. die vorgefertigte meinung mancher medien ohne hinterfragen eins zu eins übernehmen

Zitat anzeigen



dann dürfte man aber gar keine wahlen mehr veranstalten und auch keine bundestagswahlen.
hör dir doch mal an, was & warum manche erstwähler wählen. 60% wählen die partei, die die eltern gut finden, 25% wählen das genaue gegenteil der eltern und 15% machen sich wirklich gedanken darum und erkundigen sich abseits von bild & wahl-o-mat (der nichts schlechtes ist, aber mehr auch nicht). und im rest der wählerschaft sieht es nicht besser aus.

in BW ist doch anfang 2011 landtagswahl, oder?! wird auch spannend, ganz egal, ob die CDU dort jetzt in den letzten 4 jahren gute oder schlechte poltik gemacht hat - S21 mal ausgeklammert.[addsig]

KLL
23.08.2010 14:10

Mich betrifft das als Exil-Mecklenburger in Hessen ja überhaupt nicht aber ich verfolge die Geschichte sehr gespannt. Es ist ja alles andere als einfach sich da als "Neutraler" ein Bild zu machen da ja sowohl pro- als auch contra-Seite für sich gesehen durchaus nachvollziehbare Argumente bringen.
Tendenziell kann ich, denke ich zumindest, die Gegner-Seite etwas besser verstehen da es für mich schon etwas seltsam anmutet, den Bhf auf 8 Gleise zu verkleinern und dabei großartige Engpässe zu vermeiden.
Da ich aber von geografischen Situation der Stadt etc kaum Ahnung habe, beobachte ich das Ganze halt "nur".
Gab's denn schon während der Entscheidungsphase in den betreffenden Institutionen schon ähnlich starke Proteste? Davon hat man nämlich im Norden nicht viel mitbekommen, vom Projekt habe ich nur durch einen Stuttgarter Bekannten erfahren.

Topf
Topf
23.08.2010 14:42


Steifi schrieb:
Gegen den Umbau des Bahnhofs an sich hab ich nichts. Schöner Entwurf und wie Kes sagt werden Brachflächen endlich genutzt.
ABER: Das Verkehrskonzept stimmt vorne und hinten nicht. Die Neubaustrecke nach Ulm ist steiler wie die Bisherige und können nur von ICE's befahren werden. Zum Flughafen gehts für die S-Bahn dann nur noch einspurig und der Bahnhof ist mit seinen 8 Gleisen recht knapp bemessen. Ausweichstrecken wenn der S-Bahn-Tunnel mal blockiert ist fallen komplett weg.
Für 6 Milliarden Euro (wahrscheinlich noch viel mehr) erwarte ich eine Verbesserung des Nahverkehrs und Fernverkehr. Das ist hier aber nicht gegeben. Im Bestenfall bleibt die Qualität höchstens gleich wie bisher.

Zitat anzeigen


Vieles der Einschränkungen, die Du schilderst, kamen erst duch zig Neuplanungen, politisch vorgegebene Einsparungszwänge etc. zustande. Das ursprüngliche Konzept von 1994 (ja, so alt ist das Thema schon) sah längere Bahnsteige, mehrgleisige Tunnels etc. vor. Aber damit wäre es noch teurer als ohnehin schon. Aber wie Kes schon sagte: hätte man in den 90ern gleich losgelegt anstatt sich von den vielen Bedenkenträgern bremsen zu lassen, wäre jetzt schon fast alles fertig und das zu geringeren Kosten als jetzt.

masterofdisaster666
23.08.2010 15:13

Wenn weiterhin so viele Demos stattfinden, werden die kosten für die Demos irgendwann höher sein als für Stuttgart 21...

Steifi
23.08.2010 16:31


Topf schrieb:
Das ursprüngliche Konzept von 1994 (ja, so alt ist das Thema schon) sah längere Bahnsteige, mehrgleisige Tunnels etc. vor.

Zitat anzeigen



klar das stimmt. damals hatte ja auch kaum jemand was gegen das projekt und es wurde durch alle parlamente gewunken. dass es mittlerweile ganz andere bedürfnisse gibt bzw es ganz andere erkenntnisse gibt wird gekonnt ignoriert... für mich ist es ein anderes projekt was von unseren parlamenten mit den damaligen infos genehmigt wurde und was jetzt umgesetzt werden soll.
deswegen finde ich auch das argument dass der widerstand erst so spät kommt nicht gültig. wichtige daten und fakten wurden ja erst in den letzten jahren/monaten bekannt.


masterofdisaster666 schrieb:
Wenn weiterhin so viele Demos stattfinden, werden die kosten für die Demos irgendwann höher sein als für Stuttgart 21...

Zitat anzeigen



soso

GraveDog
23.08.2010 20:47


Kes schrieb:

wen in hamburg interessiert es schon, was in stuttgart von belang ist bzw. was gut für die stadt ist?

Zitat anzeigen

geb ich dir recht, aber immerhin zahlen wir auch mit.
"unseren" Anteil könnten wir in HH auch ganz gut gebrauchen...


ums mal überspitzt zu formulieren

Steifi
23.08.2010 23:15


GraveDog schrieb:
geb ich dir recht, aber immerhin zahlen wir auch mit.
"unseren" Anteil könnten wir in HH auch ganz gut gebrauchen...


ums mal überspitzt zu formulieren

Zitat anzeigen


ihr habt ja dafür die hafencity. wobei die nen stimmiges konzept hat.

danus
25.08.2010 14:29

der abriss des nordflügels hat soeben begonnen.
schaut selbst bei dem link webcam..

da gehts jetz ordentlich ab

martinzinnecker
25.08.2010 14:34

Wenn ich die Überschrift da lese verstehe ich den Zusammenhang nicht ganz.
Es gibt ja wirklich viel wichtigere und persönlichere Sachen bei denen sich der Staat in das private Leben einmischt, da wird kein Fass aufgemacht.

Ich wüsste mal gern wer da Zeit hat um 2 Uhr mittags zuzugucken wie ein Bahnhof abgerissen wird, extra Urlaub werden die Leute sich da bestimmt nicht genommen haben.

Steifi
25.08.2010 14:50

haben nen paar kleinere innenstadt-büros angekündigt. meine schwester hat frei (ist architektin).
ok die ganz großen stuttgarter arbeitgeber sind natürlich nicht dabei.

danus
25.08.2010 15:01


martinzinnecker schrieb:

Ich wüsste mal gern wer da Zeit hat um 2 Uhr mittags zuzugucken wie ein Bahnhof abgerissen wird, extra Urlaub werden die Leute sich da bestimmt nicht genommen haben.

Zitat anzeigen



es gibt auch schüler und studenten hier, die entweder ferien oder semesterferien haben.
ich schau mir das jetzt auch nicht 2h lang an, obwohl ich mir denke dass das interessanter ist als das aktuelle tv-programm

Steifi
25.08.2010 17:58

grad gabs gerangel von sicherheitsleuten und protestlern auf dem bahnhofs-dach. wurd mir dann schon mulmig wie die da am abgrund rumhampeln.

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