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Der zweite Tag beim Wolfszeit Festival 2022

Katja WisotzkiKatja Wisotzki, 14.09.2022

Katja Wisotzki

Katja Wisotzki
14.09.2022

Der Wolfszeit-Freitag steckte mir am Samstagmittag noch ganz gut in den alten Knochen, ich kam im Tal der Handy-Empfangslosen trotzdem noch rechtzeitig zur ersten Band an. Der atmosphärische Sound von MÆRER trifft bei mir auf jeden Fall genau ins Schwarze. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen konnte: die Instrumente der Band würden wir etwas später nochmal auf der Bühne sehen.

Die Crew war inzwischen bereits emsig dabei, Stroh vor der Bühne und an stark frequentierten Stellen zu verteilen, denn der Regen hatte die Zeltplatzbewohner ins Bett begleitet und wollte auch am Samstag nicht so schnell das Weite suchen. Doch das ist für die hartgesottenen Wölfe kein Grund zum Trübsal blasen. Eines der großen Highlights auf dem etwas in die Jahre gekommenen Gelände des Ferienlands war wieder Crispi, die Ferienlandbahn. Und die drehte selbstverständlich auch am Samstag für alle ihre Runden.

Wer noch das eine oder andere Mitbringsel für die lieben Daheimgebliebenen suchte, wurde auf dem Infield in jedem Fall mehr als fündig. So konnte man nicht nur Merch der auftretenden Bands kaufen. Es gab zwei gut sortierte Stände mit allerlei Klamotten und Accessoires, einen Stand mit Schmuck (und Regenponchos im Angebot!), Voenix verkaufte gemeinsam mit Runenhex Schnitzereien und Bücher. Für die Durstigen gab es zwei Anlaufstellen. Zum einen die alt bekannte Wolfszeit Cocktailbar und zum anderen den Stand von Mönchshof. Bezahlt wurde ziemlich praktisch mit einer Getränkekarte, die man vorher am Wolfszeit-Stand erwarb. Weil man dadurch nicht lästig nach Geld rumkramen musste, hatte man mehr Zeit zum Saufen. Auf Pfand wurde ebenfalls verzichtet, es standen ausreichend Mülltonnen zur Verfügung. Vorbildlich wie die Metal-Gemeinde ist, wurden die Entsorgungsmöglichkeiten rege genutzt.

In der Zwischenzeit kamen TOTENWACHE auf die Bühne. An der Band scheinen sich die Geister zu scheiden. Während viele Fans andächtig im Regen lauschten, dachte ich mir so – nee, mein Ding ist das nicht, das ist irgendwie lahm. Aber so ist das auf Festivals, nicht alles sagt einem 100%ig zu. Aber bevor hier jemand schreibt – ich zitiere einen Facebook-Kommentar: „Der Verfasser scheint vom Schwarzmetall so viel Ahnung zu haben, wie ein Schwein vom Stabhochsprung.“ Ja, ich habe keine Ahnung von Black Metal. Deshalb habe ich nach dem Festival einfach mal ins Album „Der schwarze Hort“ reingelauscht. Und ich denke, ich habe den Hamburger Jungs Unrecht getan. Ich gelobe Besserung, bei nächster Gelegenheit.

Die Mega-Neuentdeckung war für mich der nächste Act – GERNOTSHAGEN. Trotz Regen und einigen technischen Problemen überzeugten die Trusetaler nicht nur mich auf ganzer Länge. Als der Lkw, der den ganzen Watain-Bühnen-Firlefanz geladen hatte, einen Stromausfall verursachte, ermunterte Askan das Publikum, gemeinsam mit ihm zu singen. Zum Glück wurde der Schaden recht fix behoben. Mich hat vor allem die Mischung aus Klar- und gutturalem Gesang verbunden mit den eingängigen Melodien überzeugt. Das werde ich mir definitiv noch öfter reinziehen.

Nachdem ich ein paar wenige Bilder von HORN im strömenden Regen geschossen hatte, nutzte ich die Zeit, mit ein paar Leuten ins Gespräch zu kommen. Da es keinen Handy-Empfang gibt, geht das meistens ziemlich zügig. Besonders bemerkenswert fand ich, dass sich viele wieder auf kleinere Festivals besinnen. Die einhellige Meinung lautete: „Wacken? Nie wieder!“ Warum auch, hier kann man bei Autogrammstunden seinen Lieblings-Musikern mal kräftig die Hand schütteln, von überall hat man einen super Blick auf die große Bühne und nirgends muss man lange anstehen.

Voller Tatendrang schritten BLACK MESSIAH gegen 18.30 Uhr auf die Bühne. Mit einer super abwechslungsreichen Setlist sorgten sie für gute Laune. Die Band gibt es ja mittlerweile seit 30 Jahren und so gab es von älteren Black-Metal-Sachen bis hin zu fröhlichen Pagan-Songs eine bunte Mischung zu hören. So richtig ging die Post ab bei „Söldnerschwein“.

 

Stellt Euch vor, dass Unfassbare passierte beim Auftritt von THYRFING: Es hörte tatsächlich auf zu regnen! Noch unfassbarer war eigentlich, dass die schwedischen Viking-Metaler ohne ihre Instrumente anreisten. Die sind auf dem Flug abhanden gekommen. Das ist in diesem Jahr leider nicht so ungewöhnlich und schon sehr, sehr vielen Bands passiert. Grund dafür sind die massiven Personalengpässe auf europäischen Flughäfen. So wurde MAERER die noch unfassbarere Ehre zuteil, ihre Instrumente in die Hände dieser genialen Musikern geben zu können.

Gestern Abend hatte ich noch mit ein paar Leuten, die extra aus Polen und Slowenien angereist waren, diskutiert, welches BATUSHKA uns wohl erwartet. Vom Nebentisch witzelten ein paar Jungs, dass es auf Youtube ganz viele verschiedene Batushkas gibt. Aber wie vom Wolfszeit-Festival angekündigt, standen „die echten“, nämlich Krzysztof Drabikowskis Batushka im Kerzenschein. Wer noch nie im Wisenta-Tal war, der kann sich nicht vorstellen, wie beeindruckend es war, diesem außergewöhnlichen Sound gepaart mit wundervollem Bühnenbild inmitten dieser sonst so einsamen Schlucht ist.

Ich hab es ja oben schon erwähnt, ich kenne mich mit Black Metal nicht aus. Was mich nicht davon abhält, es gerne zu hören. Ein bisschen an mir vorbeigegangen ist da bisher WATAIN. Bitte schlagt mich nicht, ich kannte bisher nur „They Rode On“. Dementsprechend machte ich mich auf ein gefühlvolles, beschauliches Ende des großartigen Wolfszeit-Festival 2022 gefasst. Die Deko sah ja schon ziemlich schick aus. Ihr könnt Euch bestimmt vorstellen, wie mir die Kinnlade runterklappte, als Erik Danielsson wie ein wildgewordener Höllenhund auf die Bühne sprang, die Deko mit einer Fackel zum Leuchten brachte und anschließend die Fackel ins aufkreischende Publikum warf. Nachdem ich mich von dem Schock erholt hatte, war ich einfach nur noch begeistert von diesem Finale. Ein episches Erlebnis!

Wenn ich mir fürs Wolfszeit 2023 etwas wünschen darf, dann wären das genauso gutgelaunte Festivalbesucher, gechillte und freundliche Securities und weniger benutzte Regencapes. Danke an alle, die geholfen haben, dass es so unfassbar schön war!

Katja Wisotzki Katja Wisotzki

Fotografiert seit 2001 und fast alles außer Sonnenuntergänge. Auf Konzerte geht sie am liebsten beim Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, weil sie dort neben den Bands auch eine ganze Menge andere interessante Sachen vor die Linse bekommt. Manchmal zieht es sie aber auch zur Rallye oder in gruselige Lost Places.